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Wenn Kinderschreien ein echtes Lockmittel ist

In Anklam steigt ein Mann in den Regionalzug nach Berlin zu und fragt, ob er sich zu uns setzen dürfe. Wir sind mit zwei Kindern unterwegs, eins davon ist ein Baby, das gerade quengelt, ohne dass der Grund ersichtlich wäre, und nicken erstaunt. In der Regel meiden kinderlos Reisende, insbesondere Männer, in Zügen die Bereiche mit Kinderlärm.

Auch wir wünschten nach einem langen Tag am Strand gerade, wir könnten zumindest für einen Moment still den Ausblick genießen. Der Mann aber zückt ein Buch und beginnt in aller Ruhe zu lesen. Als wir merken, dass das Baby einfach nur krabbeln will, legen wir es auf eine Decke auf den Boden. Das ältere Kind sitzt daneben und passt auf.

Anklam

12.300 Ein­wohner*innen.

Das „Tor zur Insel Usedom“ ist auch Geburtsort von Otto Lilienthal. Seine vier Kinder sah der 1896 abgestürzte Luftfahrtpionier nicht alle groß werden.

Der Mann beobachtet die beiden über den Rand seiner Brille. Bald kommt ein weiteres Kind aus dem Abteil, es ist zwei Jahre alt und liebt Babys, wie sein dazu eilender Vater erklärt, als der Junge das Baby küsst. Die vorbeikommende Schaffnerin lächelt beim Anblick der drei Kinder nur und springt elegant über sie rüber. Der Mann neben uns meint: „Das ist das schönste Alter. Die Zeit vergeht so schnell. Ich wünschte, sie ließe sich zurückdrehen. Meine Kinder sind bereits groß.“ Eva-Lena Lörzer