Manfred Kriener über die Debatte ums Hochwasser
: Das ist der Klimawandel!

Es ist das dritte Hochwasser in diesem Jahr nach der Saarland-Flut und dem Dauerregen im Frühjahr im Nordwesten. Es ist das „neue Normal“ in einem um zwei Grad wärmeren Land, in dem man den weltweit sichtbaren Folgen der menschengemachten Klimakrise auch zu Hause schonungslos ausgesetzt ist. Es kostet Menschenleben, verschlingt ungeheure Summen, bringt Zigtausende um Hab und Gut. Es ist nicht das Wetter. Es sind nicht die Tiefdruckgebiete. Auch nicht die Löcher im Deich. Es ist die Klimakatastrophe, das Versagen beim Klimaschutz. Die Konzentration der Klimagase in der Atmosphäre steigt stärker als jemals zuvor.

Doch selbst die Grünen zeigen Hemmungen, Klartext zu reden. Die Angst, man könnte ihnen vorwerfen, das Leid der Bevölkerung politisch auszunutzen, führt zu verklemmten Stellungnahmen. Dass gerade Bayern seit Jahren zu den Bremsern der Klimapolitik gehört und etwa beim Ausbau der Windenergie zu den Schlusslichtern, wagt im Katastrophenkontext niemand zu sagen.

Stattdessen geht es um Befindlichkeiten. „Wie sind die Emotionen?“, fragt die Reporterin den Einsatzleiter. Nicht an die Politik werden Fragen gestellt – versagt sie beim Klimaschutz, bei Anpassung, Vorsorge, Hochwasserschutz? – sondern an die Feuerwehr. Die Fragestellungen im ARD-Brennpunkt entsprachen eher denen nach Fußballspielen: Wie machtlos fühlen Sie sich? Wie geht es Ihnen? Na super! Politische Fragen kommen schon deshalb nicht vor, weil der Bayerische Rundfunk panische Angst hat, eine Woche vor der Wahl die falsche Munition zu liefern. Wähler, denen das Wasser bis zum Hals steht, könnten ins Grübeln kommen und zur Ansicht neigen, der grüne Umweltzirkus habe womöglich seine Berechtigung, sei sogar überlebenswichtig.

Als zentrale Maßnahme gegen die Flut wird jetzt die Elementarversicherung gefordert. Oder die Starkregen-Gefahrenkarte. Es wimmelt von Ratschlägen an Hausbesitzer. Kurz: Man versucht, die Klimakatastrophe auf eine versicherungsrechtliche, letztlich individuelle Ebene abzuschieben.

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