Mehr Geld in der Tasche

Die Reallöhne stiegen zu Jahresanfang um 3,8 Prozent. Das liegt an guten Tarifabschlüssen und daran, dass sich die Inflationsraten normalisieren

Von Simon Poelchau

Nachdem die Beschäftigten während der Corona- und Energiekrise Kaufkraftverluste hatten, sind ihre Einkommen zuletzt kräftig gestiegen. So waren die Löhne und Gehälter real – also nach Abzug der Inflationsrate – in den ersten drei Monaten 2024 3,8 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Das teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch mit. Es ist die vierte Zunahme der Reallöhne in Folge – und die stärkste seit Einführung dieser Statistik 2008.

„Der Anstieg ist eine sehr gute Nachricht für die deutsche Wirtschaft und die Menschen in Deutschland“, kommentierte der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien. Dass sich die Kaufkraft der breiten Masse von Menschen erholt hat, werde sich in den kommenden Monaten wohl auch darin niederschlagen, dass deutlich mehr konsumiert werde.

Dullien gibt allerdings zu bedenken, dass die Reallöhne noch lange nicht die Verluste seit dem Beginn der Covid-Pandemie 2019 wettgemacht haben. Das könnte auch ein Grund sein, warum sich der private Konsum im ersten Quartal trotz der steigenden Reallöhne noch nicht erholt hat. „Viele Deutsche scheinen nach dem großen Inflationsschock der vergangenen beiden Jahre erst einmal ihren Notgroschen wieder aufstocken zu wollen, bevor sie wieder mehr Geld ausgeben“, sagt Dullien.

Die Zuwächse beim Reallohn sind zum einen den Tariflohnsteigerungen und Inflationsausgleichsprämien zu verdanken, die zu Jahresanfang ausgezahlt wurden. Nominal legten die Löhne sogar um 6,4 Prozent zu – laut dem Statistikamt der zweithöchste Anstieg seit 2008. Zum anderen sorgte auch die Normalisierung der Inflation dafür, dass die Menschen mehr im Portemonnaie und auf dem Konto hatten.

Im Mai lag die Preissteigerungsrate nach vorläufigen Zahlen bei 2,4 Prozent. Dies ist im Vergleich zum April zwar ein leichter Zuwachs von 0,2 Prozentpunkten, aber dafür sind Sondereffekte wie die Einführung des 49-Euro-Tickets vor einem Jahr verantwortlich. Laut IMK-Expertin Silke Tober ist damit „der Abschwächungsprozess hin zum Inflationsziel von 2 Prozent weiterhin intakt“.