„Tesla Stoppen“-Camp: Vorbereitungen auf den Ernstfall
Aus Protest gegen die Werkserweiterung von Tesla ist nach wie vor ein Waldstück in Grünheide besetzt. Am Wochenende droht die Polizei durchzugreifen.
Dass das Lager bald plattgemacht werden könnte, wurde den Aktivist:innen aus Parlamentskreisen zugespielt, sagt sie. Die Versammlung im Wald ist noch bis diesen Freitag, 15. März, angemeldet. Die Verlängerung, die Gruppe nach eigenen Angaben vor einer Woche beantragt hat, wurde von den zuständigen Behörden noch nicht bestätigt. „Wir brauchen diese Bestätigung oder den Auflagenbescheid, um handeln zu können“, sagt Knick.
Sie harren seit Ende Februar in dem Wald aus. Zwischen 60 und 80 Aktivist:innen übernachten auch in den selbst errichteten Baumhäusern im Wald zwischen dem Tesla-Werk und dem Bahnhof Fangschleuse. Dort plant der US-Elektroautohersteller, sein Werksgelände zu erweitern. Die Aktivist:innen wollen mit ihrem Protestcamp die geplante Abholzung des Kiefernwaldes verhindern – sie kritisieren auch den hohen Wasserverbrauch des Tesla-Werks.
100 Hektar Wald will Tesla abholzen. Neben dem derzeit 300 Hektar großen Fabrikgelände in Grünheide sollen auch ein Güterbahnhof, Lagerhallen und ein Kindergarten gebaut werden.
Tesla will Produktion verdreifachen
Durch die Erweiterung sollen die Produktionskapazitäten erhöht werden. Langfristig will das Unternehmen seine jährliche Produktionskapazität von der aktuellen Zielmarke von 500.000 Fahrzeugen auf eine Million erhöhen. Derzeit arbeiten rund 12.500 Mitarbeiter:innen in der Fabrik in Grünheide, die kürzlich eine Wochenproduktion von 6.000 Fahrzeugen erreichte – das entspricht etwa 300.000 Fahrzeugen pro Jahr.
Nach einem Bürgerentscheid in der Gemeinde Grünheide könnten die Expansionspläne des US-Autoherstellers um die Hälfte reduziert werden. Die Mehrheit der Abstimmenden in der Brandenburger Gemeinde hatte sich gegen die Rodung und damit auch gegen die Erweiterung der Tesla-Standorte ausgesprochen. Bürgermeister Arne Christiani (parteilos) hat nun angekündigt, dass 50 Hektar der ursprünglichen Rodungsfläche erhalten bleiben sollen. Die Vorschläge für einen neuen Bebauungsplan liegen bereits vor – sie müssen nun von den Gemeindevertretern abgestimmt werden.
Tesla hat den Platzbedarf unterdessen bereits zurückgestellt und damit dem neuen Bebauungsplan zugestimmt. Das Unternehmen hält an einem Güterbahnhof fest, will aber auf Räumlichkeiten für Mitarbeiter verzichten. Auch die Lager- und Logistikflächen sollen reduziert werden.
Die Aktivist:innen der Gruppe „Tesla stoppen!“ sind noch dabei, die Bedeutung des neuen B-Plans zu bewerten, sagt Sprecherin Esra Knick der taz. Sie wollen das Camp deswegen aber nicht aufgeben. „Tesla plant, die Produktion zu verdreifachen“, sagt sie. „Das würde den gleichen Ressourcenverbrauch bedeuten, selbst wenn sie nur die Hälfte der Waldfläche abholzen würden.“
Die mögliche Räumung des Camps könnte auch mit dem Werksbesuch von Tesla-Chef Elon Musk in Grünheide am Mittwoch zusammenhängen. An seiner Seite: Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Berlins begeisterter Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU).
Fanboys in Grünheide
Ein Foto der beiden freudestrahlenden Regierungschefs mit dem Milliardär, der auf seiner Plattform X antisemitischen Verschwörungserzählungen zugestimmt hat, schlägt nun im Nachgang zumindest in Berlin politische Wellen.
Die Chefin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Anne Helm, kritisiert sowohl den Besuch als auch die Selbstdarstellung Wegners in Grünheide. Sie fordert Wegner ebenso wie Woidke auf, Musk zur Einhaltung der Gesetze zu drängen, „statt sich wie Fanboys zu verhalten“, so Helm zur taz.
Im Tagesspiegel wies Wegner nur darauf hin, dass Tesla ein wichtiger Arbeitgeber für die gesamte Hauptstadtregion sei. „Es war ein wirklich gutes Gespräch über den Wirtschaftsstandort Berlin-Brandenburg“, erklärte Wegner der Zeitung. „Wen Musk in den USA unterstützt, war nicht Thema des Gesprächs.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Kritik an Antisemitismus-Resolution
So kann man Antisemitismus nicht bekämpfen
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung