: Ein bisschen mehr Kapitalismus beim HSV
Außerordentliche Mitgliederversammlung stimmt dem Umbau der Profiabteilung zu. Davon bis zu 50 Prozent zu verkaufen, findet aber nicht die nötige Mehrheit
Michael Papenfuß gibt nicht auf. Nach dem halben Sieg für die Rechtsformpläne bei der außerordentlichen Versammlung des Hamburger SV will der Vizepräsident und Aufsichtsrats-Chef des Fußball-Zweitligisten einen weiteren Anlauf unternehmen. „Ich hatte mir schon gewünscht – und diese Überzeugungsarbeit habe ich versucht zu leisten –, alle mitzunehmen“, sagte der ehemalige Banker am Samstag. „Ich werde wieder angreifen.“
Nur etwas mehr als 440 von insgesamt 109.000 HSV-Mitgliedern waren in die Inselparkhalle im Stadtteil Wilhelmsburg gekommen, um weitreichende Entscheidungen zu treffen. Zehn Jahre nach der Ausgliederung des Profifußballs aus dem Verein beschlossen sie mit der erforderlichen Dreiviertelmehrheit eine Änderung der HSV Fußball AG zu einer HSV Fußball AG & Co. KGaA, also einer Kommanditgesellschaft auf Aktien.
Der zweite Antrag scheiterte jedoch an der 75-Prozent-Hürde: Die HSV-Verantwortlichen hatten darum geworben, bis zu 50 Prozent der Anteile an der Kommanditgesellschaft veräußern zu dürfen. Von 443 stimmberechtigten Mitgliedern sprachen sich dafür aber nur 272 Personen aus – gut 62 Prozent.
So kann der HSV vorerst keine weiteren Anteile an der neuen KGaA veräußern, um damit das Eigenkapital zu erhöhen. Auch können die Pläne für einen „Supporters Trust“ nicht umgesetzt werden: Das Modell sollte Fans und Mitgliedern ermöglichen, über die Zahlung in den Trust selbst Anteilseigner an der KG zu werden.
„Das hat uns natürlich nicht gefallen. Aber das ist Demokratie“, sagte Papenfuß über das Abstimmungsergebnis. „Wir fragen uns auch, was wir in der Aufklärung, in der Beantwortung dieser Themen hätten besser machen können.“ Dazu müsse man den Austausch mit den Mitgliedern suchen. „Wir schauen nach vorn.“
In der bisherigen HSV Fußball AG hielt der Verein 75,1 Prozent des Grundkapitals, vom Rest entfielen auf die Holding des Logistik-Milliardärs Klaus-Michael Kühne 13,53 Prozent und auf die HanseMerkur Holding 6,76 Prozent. Mehr als 24,9 Prozent konnten ohne Satzungsänderung bisher nicht verkauft werden.
Weil der erste Antrag durchkam, sinkt die Beteiligung des Vereins an der neuen Kommanditgesellschaft auf 68,2 Prozent. Durch die Umwandlung eines 30-Millionen-Euro-Darlehens aus dem vergangenen Jahr besitzt Kühne nun 21,4 Prozent an der neuen KGaA. Und der HSV muss das Darlehen nicht zurückzahlen.
Der nächste Schritt der Reform-Vordenker ist die Gründung einer Management AG, die das operative Profi-Geschäft wie aktuell durch den Vorstand mit Jonas Boldt (Sport) und Huwer führt. Sie wird zu 100 Prozent im Besitz des Vereins sein und also unter dessen Kontrolle. Anteile daran dürfen nicht veräußert werden – das soll die Einflussnahme durch Kapitalgeber verhindern. (dpa)
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