das wird: „Jeder, der einsteigt, ist dabei“
Eine Tram zum Airport bringt in Bremen das Klima-Wissen voran
Interview Alina Götz
taz: Die Klimabahn, eine Bremer Straßenbahn, die auf den Klimawandel aufmerksam macht, fährt seit Ende 2021 durch Bremen. Wie ist die Idee entstanden, Herr Brede?
Markus Brede: Beim Bier. Aktive bei Scientists for Future haben zusammen gesessen und sich das überlegt. Sie wollten in der Stadt das Thema Klimawandel immer wieder ins Gedächtnis rufen. Die Bremer Straßenbahn AG fand die Idee gut. Die Gestaltung der Bahn wurde mit Spenden finanziert. Seitdem fährt sie auf ganz regulären Strecken durch Bremen und erregt Aufmerksamkeit. Drinnen gibt es Infomaterial. Vielen kommt die Bahn schon bekannt vor. Sie bietet zudem die Möglichkeit für Veranstaltungen außerhalb von Seminarräumen.
Was haben Sie bislang in der Bahn gemacht?
Ein, zwei Fahrten im Jahr, mit Vorträgen zum Beispiel zur Arktis, der Antarktis, Fischfang, Korallen… Es waren extra geplante Rundfahrten mit Anmeldung. Verschiedenen Institutionen in Bremen haben die Vorträge gestaltet, oder es wurde aus einem Kinderbuch über den Klimawandel vorgelesen. Erreicht haben wir damit Leute, die sich eh schon für das Thema interessieren und mehr oder weniger Bescheid wissen.
Das soll bei der kommenden Fahrt anders sein?
Ja, wir haben das Konzept geändert. Keine Vorträge, keine Anmeldung. Wir wollen andere Gruppen ansprechen als bisher; Menschen, die nicht explizit zu Veranstaltungen gehen. Jeder, der einsteigt, ist dabei. Nachmittags fährt die Bahn entlang der regulären Linie sechs. Unterwegs reden wir über klimarelevante Orte in der Stadt: Am Flughafen können wir über die Auswirkungen vom Fliegen reden, an der Uni die Institute vorstellen, die mit ihrer Forschung einen wichtigen Beitrag leisten. Am Überseemuseum am Hauptbahnhof lässt sich dann noch das Thema Kolonialismus und Klima aufgreifen.
Viele Leute werden dann einfach zufällig bei Ihnen einsteigen?
Genau. Es gibt auch kurze Geschichten, sodass man auch zwischen zwei Stationen etwas erfahren kann.
Markus Brede
67, ist bei Scientists for Future Bremen aktiv. Er ist Physiker und hat vor seiner Rente an einem Fraunhofer Institut gearbeitet.
Rechnen Sie damit, auch einige Menschen zu nerven?
Wir rechnen damit, aber damit können wir schon umgehen. Die können dann ja an der nächsten Haltestelle wieder aussteigen, wenn es ganz schlimm für sie ist…
Vormittags haben Sie Schulklassen in der Bahn.
Mit ihnen fahren wir die Strecke parallel zur Weser und erzählen über klimarelevante Orte wie das Stahlwerk, das man von der Strecke aus zumindest am Horizont sehen kann. Wir werden erklären, wo in der Produktion das klimaschädliche CO2 entsteht und wie die Produktion umgestellt werden soll.
Warum sind Sie bei Scientists for Future aktiv?
Seit den 1970ern beschäftige ich mich mit Thema Klima. Ich hatte aber wegen meines Jobs keine Zeit, mich zu engagieren. Das ist jetzt anders, seit zweieinhalb Jahren bin ich nun dabei.
Sonderfahrt Klimabahn Bremen: 13. 3., nachmittags, ca. 14 bis 16 Uhr, als zusätzliche Linie 6, mehrfach zwischen Uni und Flughafen und zurück
Sie beschäftigen sich schon so lange mit dem Klimawandel. Sind Sie frustriert?
Klar fasse ich mir manchmal an den Kopf. Aber es geht um Lösungen. Es geht darum, herauszufinden, warum es so langsam voran geht: Das hat viel mit industriellen Strukturen zu tun. Es geht nur sehr langsam und kleinschrittig. Und in Gesprächen mit den Psychologists for Future wird auch immer wieder deutlich, dass die Leute eingebunden werden müssen. Das dauert. Man darf sich nicht entmutigen lassen.
Das gelingt Ihnen?
Bis jetzt ja. Wichtig ist aber, dass es Leute gibt, mit denen ich das gemeinsam mache.
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