Regierungsmodell für die Niederlande: Geert Wilders geht leer aus

Nach vier Monaten einigt sich eine Rechtskoalition auf ein Regierungsmodell. Aber ohne den rechtspopulistischen Wahlsieger als Premier.

Ein Mann im schaut den Betrachtenden frontal an

Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders verzichtet auf das Amt des Ministerpräsidenten Foto: Peter Dejong/ap

AMSTERDAM taz | Knapp vier Monate nach den niederländischen Parlamentswahlen ist in die äußerst zähen Koalitionsverhandlungen Bewegung gekommen – und das offenbar zunächst auf Kosten von Geert Wilders, der mit seiner rechtspopulistischen Partij voor de Vrijheid (PVV) die Wahlen gewonnen hatte. Die vier beteiligten Parteien sind sich einig, den „nächsten Schritt“ gehen zu wollen. Diese Entscheidung ist Teil eines Berichts, den Verhandlungsleiter Kim Putters am Donnerstagnachmittag dem Parlament übermittelte und der bereits im Vorfeld bekannt wurde. Die von niederländischen Medien als „Durchbruch“ bezeichnete Einigung macht eine Rechts-Regierung in Den Haag nun um einiges wahrscheinlicher.

Beteiligt daran sind neben der rechtspopulistischen PVV und der liberal-rechten Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD) auch der sozial-konservative Nieuw Sociaal Contract (NSC) sowie die konservativ-populistische BoerBurgerBeweging (BBB). Zusammen kommen sie auf 88 der 150 Parlamentssitze. Sicher sind inzwischen zwei bemerkenswerte Kernaspekte: Das Kabinett soll ein sogenanntes „außerparlamentarisches“ werden, zu dem alle vier Parteien Mi­nis­te­r*in­nen beitragen – das war während der bisherigen Verhandlungen strittig, als auch eine Minderheits-Regierung erwogen wurde.

Erste Konsequenz des nun gewählten Modells: Die vier Par­tei­che­f*in­nen werden kein Teil der Regierung, sondern als Fraktionsvorsitzende im Parlament bleiben. Dies bestätigte NSC-Chef Pieter Omtzigt am Donnerstagmittag nach einer letzten Besprechung mit Verhandlungschef Putters. Dilan Yeşilgöz, die bisherige Justizministerin und VVD-Leiterin, sagte, dieser Schritt sei nötig, um ein entsprechendes Kabinett zu realisieren.

Betont vorsichtig äußerte sich Yeşilgöz zur Personalie ­Geert Wilders: Als Chef der mit großem Vorsprung stärksten Partei wäre Wilders nach niederländischer Gewohnheit der naheliegende Kandidat für das Amt des Premierministers. Nach Aussage der VVD-Chefin habe ihre Partei dies nicht blockiert, ihm aber auch „nicht automatisch zugestimmt“, da diese Option für sie mit „Fragezeichen“ verbunden gewesen sei.

Abbruch der Gespräche oder rechtes Kabinett?

Wilders, mit dessen Partei jahrelang keine andere zusammenarbeiten wollte, hatte am Mittwochabend per X erklärt: „Ich kann nur Premierminister werden, wenn alle Parteien das unterstützen. Das ist nicht so.“ Zunächst hatte er diesen Schritt staatsmännisch als im allgemeinen Interesse dargestellt: „Die Liebe für mein Land und meine Wäh­le­r*in­nen ist größer und wichtiger als meine eigene Position.“ Wilders’ Rückzug als Regierungschef gegen eine vollwertige Koalition – so der anvisierte Deal.

Am Donnerstag trat Wilders dann öffentlich nach: Er sei „genauso wütend wie sie“ (die PVV-Wähler*innen), dass er nicht Premier werde, und finde das „ungerecht und staatsrechtlich falsch“. Er habe vor der Alternative gestanden, sich für ein „rechtes Kabinett zu entscheiden oder die Gespräche abzubrechen, so der PVV-Chef mit sichtbarem Frust.

Allein BBB-Chefin Caroline van der Plas habe ihn voll unterstützt, während „eine andere Partei sagte, sie wollte es eigentlich nicht, werde es aber nicht verhindern, und eine Partei sagte, im außerparlamentarischen Modell könne davon keine Rede sein.“ Mit „der anderen Partei“ ist offensichtlich die VVD gemeint, die sich während der Verhandlungen äußerst wankelmütig über eine Zusammenarbeit mit den Rechts­po­pu­lis­t*in­nen präsentierte. Letzteres war indes eine deutlicher Seitenhieb auf den NSC, dessen Chef Pieter Omtzigt sich im Februar zwischenzeitlich aus den Verhandlungen zurückgezogen hatte.

Details über den Bericht von Verhandlungsleiter Putters waren bei Redaktionsschluss nicht bekannt. Das außerparlamentarische Modell, das ohne einen detaillierten Koalitionsvertrag operiert und von wechselnden Mehrheiten ausgeht, ist in den Niederlanden ein Novum. So präsent der Begriff in der aktuellen Debatte ist, so vage ist er auch. Inhaltlich ist zu erwarten, dass vor allem ein restriktiver Kurs in Sachen Asyl und Migration eingeschlagen wird, was zwischen den beteiligten Parteien Konsens ist. Seitens der PVV sind nun keine größeren Entgegenkommen mehr zu erwarten.

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