Einstieg von Red Bull in den Radsport: Die fahren auch irre gefährlich
Red Bull sponsert Extremsportler. Dass jetzt auch die vermeintlich normalen Radler dran sind, liegt an der Inszenierung des Sports als Heldenepos.
S eit ein findiger Unternehmer aus Fuschl am See das thailändische Aufputschwasser Krating Daeng als Red Bull auf den westlichen Markt brachte, wurden Adrenalinstöße todesmutiger Extremsportler zum hervorragenden Marketinginstrument.
Je abgefuckter das endokrine System von Klippenspringern, Bruchpiloten, Lenkraddrehern und anderen Hasardeuren funktionierte, desto fixer erhielten sie einen Vertrag mit dem Getränkeproduzenten, der seinen Konsumenten wohl sagen wollte: Wer unsere Brause trinkt, kann irre Leistungen vollbringen, der geht an die Grenze und darüber hinaus.
Und so kam es dann auch: Zwischen den Jahren 2008 und 2017 kam im Durchschnitt pro Jahr ein Extremsportler ums Leben, dessen Unfall direkt mit Werbung für Red Bull in Zusammenhang gebracht werden konnte.
Der konzertierte Einstieg von Red Bull in den Straßenradsport folgt dieser Logik des Gefährlichen und Abgefuckten. Red Bull übernimmt die Mehrheitsanteile am Rennstall von Ralph Denk, einer Equipe, die bisher unter der Sponsorenkennung Bora/Hans Grohe über den Asphalt preschte. Die Radprofis, nach den Dopingskandalen der Neunziger- und Nullerjahre ordentlich diskreditiert und im medialen Abseits unterwegs, haben sich wieder Fernsehzeit erradelt.
Krasse Draufgänger
Sie sind zurück. In Streamingdokus werden sie als verrückte Hunde und krasse Draufgänger gefeiert. Der Red-Bull-Einstieg markiert, vereinfacht gesagt, das Ende der Dämonisierung des Radsports und den Anfang einer neuen Marketingoffensive. Für Dopingbekämpfer ist das eine schlechte Nachricht, für die Promotoren der Szene mitnichten.
Red Bull hat sich der im Kern traditionellen Szene über den Querfeldeinradsport genähert, der gerade in Belgien so groß ist, wie man sich das hierzulande kaum vorstellen kann. Die Topstars Wout van Aert (Visma) und Tom Pidcock (Ineos) radelten mit dem Red-Bull-Helm durch den flandrischen Schlamm und trugen die Ambitionen der Leute aus Fuschl sodann ins Peloton mit den dünnen Pneus.
Unterdessen kaufte sich jeder ambitionierte Hobbyradler ein Cross- oder Gravelbike. Der Trend geht zum Dritt- oder Viertrad. Es wurde in der Szene der Zweiradhersteller in den vergangenen Jahren gutes Geld verdient, auch wenn es nach dem Corona-Boom Sättigungseffekte gibt.
Man darf gespannt sein, wie sich der autochthone Radsport mit den Ansprüchen von Red Bull verträgt. Aber die Profiradler sind von jeher flexibel. Sie nehmen, was kommt, nicht nur aus der Apotheke. Sie haben angefangen, für Zeitungsverleger zu strampeln, machten dann die Rücken krumm für Klebstoffproduzenten oder die Telekom. Jetzt ist halt ein vermeintlicher Zaubertrunk (!) aus Österreich dran. Business as usual.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen