Projekt gegen das Pflanzensterben: Ausgesetzt auf der Insel
Mit einem neuen Artenschutzprojekt für seltene Wildpflanzen sollen Bestände auf der Pfaueninsel gesichert und etabliert werden. Ein Rundgang.
BERLIN taz | Dass die Natur unter den klimatischen Veränderungen, einer intensivierten Landwirtschaft und anderen Einflüssen des menschlichen Daseins zunehmend leidet, sollte für die meisten Menschen keine neue Information sein. Neu dagegen ist ein Pilotprojekt auf der Pfaueninsel, die im Südwesten Berlins in der Havel liegt, das sich des Problem der schwindenden Diversität in Berlin und Brandenburg annimmt.
In Zusammenarbeit mit dem Botanischen Garten Berlin und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten wurden in der letzten Woche drei seltene heimische Wildpflanzenarten auf der Unesco-Welterbestätte eingepflanzt oder eingesät. „Hier geht es einerseits um die Sicherung und andererseits um die Vermehrung der Bestände“, sagt Projektleiter Jan Uhlig, der seit 19 Jahren auf der Pfaueninsel arbeitet, der taz. Die Rede ist vom Deutschen Ginster, Behaartem Ginster und Duft-Skabiosen – allesamt vom Aussterben bedroht.
Insgesamt 150 Exemplare wurden aus der Saatenbank des Botanischen Gartens bereitgestellt und sollen nun an zwei Standorten auf dem Naturschutzgebiet gedeihen. Eine Garantie gibt es dafür nicht, aber „wir sind zuversichtlich, dass zwei Drittel den Winter überleben werden“, sagt Thomas Dürbye, Technischer Leiter der Saatgutbank des Botanischen Gartens.
Prekäre Lage
Generell ist die Situation für junge Flora so schlecht wie nie: Allein in Berlin sind über 700 Wildpflanzenarten akut bedroht, weltweit sterben täglich 150 Tier- und Pflanzenarten aus. Knapp 30 Prozent der Farn- und Blütengewächse in Deutschland sind laut Nabu als gefährdet eingestuft. Auch der Grundwasserspiegel sinkt seit Jahren. „Vor allem die Trockenheit setzt den Böden zu“, sagt Jan Uhlig. Dabei spielen einheimische Wildpflanzen eine wichtige Rolle im Ökosystem: Sie sind Nahrungsquellen für Insekten und durch ihre genetische Vielfalt anpassungsfähiger an Umweltveränderungen wie Klimawandel oder vermehrte Schädlingsplagen. Je nachdem, wo welche Pflanze wächst, können außerdem Standortmerkmale wie Nährstoffmängel über den Boden getroffen werden.
„Hier auf der Pfaueninsel wird sich um die Pflanzen gekümmert, aber das Ökosystem ist in den letzten Jahren zunehmend labiler geworden“, erklärt Uhlig. Er zeigt auf die spezielle Anordnung der Pflanzen: Weit entfernt vom Inselrundweg sind in je 3 Kreisen 13 Setzlinge mit einem Abstand von 20 Zentimetern angeordnet. Zu hoch ist das Risiko einer Beschädigung durch vorbeikommende Besucher. Die hier wachsende Duft-Skabiose wird zwischen 20 und 50 Zentimeter hoch, hat ein lila Blüte und duftet angenehm.
Das Gießen und die Pflege werden vom Personal der Pfaueninsel übernommen. 14 Stellen finanziert das Land Berlin dafür. „Eigentlich bräuchten wir für die Summe an Aufgaben mehr Mitarbeiter“, sagt Uhlig, „aber wir dürfen keine weiteren Stellen ausschreiben.“ Wenn zu wenig Personal für die 67 Hektar große Insel vorhanden ist, sieht die Zukunft nicht rosig aus. „Aber das Interesse der heutigen Generation an Pflanzen nimmt ja sowieso ab“, fügt der Landschaftsarchitekt sichtlich enttäuscht hinzu.
Eine Sache möchte Jan Uhlig noch loswerden, bevor er sich verabschiedet: „Ich sehe es als gesellschaftliche Aufgabe, unsere Natur zu bewahren. Nicht jede Pflanze kann in einem Naturschutzgebiet umsorgt werden.“
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