: Bei Bedarf die Richtung ändern
Smarte Ladeinfrastruktur bringt nicht nur die E-Mobilität voran, sie ist auch eine relevante Schnittstelle für die Energiewende. Arbeitgeber und Wohnungsunternehmen können hierbei viel bewegen
Für die Energiewende auf der Straße ist Elektromobilität der wichtigste Motor. Laut ihrem Klimaschutzplan 2050 will die Bundesregierung den hiesigen Verkehr bis dahin dekarbonisieren. Deutschland soll Leitmarkt und Leitanbieter dieser Technologie werden. Der Anteil rein elektrisch betriebener Pkws stieg 2022 bei Neuzulassungen um 30,1 Prozent zu einem Anteil von 17,7 Prozent. Trotz beachtlichen Wachstums bleibt das Segment der E-Autos hinter den Erwartungen zurück. Dass der Run auf die Stromer sich bislang in Grenzen hält, hat auch mit dem schleppenden Ausbau der Infrastruktur zu tun. Laut einer Erhebung, deren Ergebnisse die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften Anfang dieses Jahres veröffentlichte, haben 64 Prozent der Befragten Vorbehalte, weil es aus ihrer Sicht zu wenige Ladestationen gibt. Deutsche Unternehmen können die Elektromobilität an dieser Stelle auf mehreren Ebenen voranbringen.
„Für Unternehmen ist es Zeit, Dienstwagen und weitere Fahrzeuge in der Flotte möglichst vollständig elektrisch zu betreiben und die entsprechende Ladeinfrastruktur aufzubauen“, erklärt Lukas Minnich, Experte für nachhaltige Unternehmensmobilität am Öko-Institut. Der Vorteil im Flottenbetrieb: Die Fahrten sind in der Regel vorhersehbar, ebenso die Stand- und damit Ladezeiten. Die Infrastruktur sollte sich im besten Fall nicht auf die Firmenwagen beschränken, denn: „Fast ein Viertel der Treibhausgasemissionen im Personenverkehr entsteht durchs Berufspendeln“, erläutert Esther Rublack, Referentin Unternehmensmobilität bei Agora Verkehrswende. An dieser Schnittstelle fördern Arbeitgeber zunehmend E-Mobilität, indem sie eine Ladeinfrastruktur für Mitarbeitende schaffen, die ohnehin mit dem Pkw zum Dienst fahren.
Auch Wohnbaugesellschaften können einen relevanten Beitrag leisten. Denn insbesondere in den Zentren größerer Städte haben Interessenten nur selten einen Stellplatz samt Ladestation zur Verfügung. Dezentrale Carsharing-Angebote durch Betreiber von Wohnimmobilien, verbunden mit Photovoltaikanlagen und Strom für die Hausgemeinschaft, bringen E-Mobility und die Energiewende zugleich voran. Über eine interne App können Mieter wie Eigentümer die Fahrzeuge für eine bessere Planbarkeit mit einer Vorlaufzeit bestellen. Die Wohnungsbaugesellschaft, alleiniger Vertragspartner der Netzbetreiber, stellt die Fahrzeuge auch als Strompuffer zur Verfügung – und sperrt sie im Bedarfsfall für Fahrten. Mit einer entsprechend großen Flotte steht für potenzielle Nutzer auch dann noch wohnungsnah ein leihbares E-Fahrzeug bereit. Bidirektionales Laden kann im besten Fall auch noch die Stromkosten senken. Die Wohnungsbaugesellschaften wiederum profitieren durch Zusatzeinnahmen oder nutzen die Fahrzeuge selbst als Energiepuffer für die hauseigenen Photovoltaikanlagen.
Hier kommen nun wieder hiesige Unternehmen ins Spiel. Es gilt, die smarte Steuerung samt Anschlüssen weiterzuentwickeln, zu produzieren und flächendeckend auf die Straße – sprich: an die Parkplätze – zu bringen. So kann E-Mobility auf Basis digitaler Lösungen die Energiewende via bidirektionaler Ladeinfrastruktur auch über die Straße hinaus voranbringen.
Lars Klaaßen
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