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Wenn laute Pöbler am Ende schweigen

Im Regionalzug von Berlin nach Frankfurt (Oder) ist es an diesem regnerischen Morgen brechend voll. Nur ein Sitzplatz neben einem älteren Herrn bleibt frei. Der kommentiert völlig haltlos und ungefragt alles um sich herum: zu voll, zu laut, zu dick, zu regnerisch.

Ein junger Mann – Mitte 20, dunkle Haare, dunkle Augen – setzt sich unerschrocken oder einfach nur völlig naiv neben ihn. Prompt wird er zur Zielscheibe der ziellosen Aggression, des nörgelnden Geschwätzes: „Zu viele Ausländer in Deutschland, Gesindel, hängen den ganzen Tag nur rum, liegen dem Steuerzahler auf der Tasche …“ Der junge Mann vertieft sich in sein Handy, wagt nicht den Blick zu heben. Auch die Leute drumherum schauen unangenehm berührt weg.

RE1 wird von der Ostdeutschen Eisenbahn betrieben. Die Linie verbindet Magdeburg, Potsdam, Berlin und Frankfurt (Oder); bis 8. Dezember 2023 kommt es jedoch wegen Bauarbeiten auf der Linie RE1 zu Ausfällen zwischen Potsdam und Berlin.

Einige Meter hinter mir steht eine Gruppe Schwarzer, wohl Studenten in Frankfurt (Oder), wie ihr Gespräch über die Universität erkennen lässt. Wortlos haben sie die Situation erfasst, drängeln sich durch die Mitfahrenden, um sich lässig und wortlos vor dem Sitz des Pöblers aufzubauen. Er, inzwischen verstummt, steigt schweigend an der nächsten Station aus. Ob er tatsächlich nach Fürstenwalde an der Spree wollte? Ich weiß es nicht. Edith Kresta

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