: Clan gegen Clan
In Somalia mehrt sich Streit zwischen Unterclans des Hawiye-Clans, zu dem der Präsident gehört. Das behindert den Kampf gegen die Shabaab-Islamisten
Aus Mogadischu Saad Muse
Ein Jahr nach dem Beginn großangelegter Militäroperationen gegen die islamistischen Shabaab-Rebellen in Somalia gerät die Kampagne ins Stocken. Gründe sind Machtkämpfe innerhalb der Regierung in der Hauptstadt Mogadischu und neue Allianzen der Shabaab mit somalischen Clanmilizen. Der Erfolg der „Operation Schwarzer Löwe“, wie der Feldzug gegen die Shabaab heißt, steht damit kurz vor dem geplanten Beginn ihrer zweiten Phase auf der Kippe.
In der zweiten Phase sollen die Offensiven gegen die Shabaab auf den Süden Somalias ausgeweitet werden, nachdem sie in der ersten Phase aus weiten Teilen Zentralsomalias zurückgedrängt wurden. Die Regierung von Präsident Hassan Sheikh Mohamud, seit 2022 im Amt, verbündete sich dafür mit Milizen der Subclans Abgal, Habr Gedir und Hawadle, alle Teil des Hawiye-Clans des Präsidenten, der selbst Abgal ist.
Doch „die Beziehungen zwischen der Regierung und einigen Unterclans, insbesondere der Hawadle, hat sich verschlechtert“, analysiert der Konfliktbeobachtungs-Thinktank Acled (Armed Conflict Location and Event Data). Die Shabaab haben dies ausgenützt, um neue Bündnisse mit Clanmilizen in den zentralsomalischen Regionen Galmudug and Hirshabelle zu schließen, wo es Unmut über die Zusammenarbeit der Regierung mit Äthiopien gibt.
So ist der Clan der Hawiye, der größte Somalias, nun gespalten zwischen Regierungs- und Shabaab-Verbündeten. Letztere sehen das Bündnis mit den Islamisten als Mittel zum Schutz ihres Landbesitzes. „In Shabaab-kontrollierten Gebieten verlassen sich die Islamisten auf die Clanältesten, um ihnen bei Rekrutierung und Steuereintreibung zu helfen“, so Acled.
Eine ähnliche Situation hat sich im mittleren Shabelletal Somalias entwickelt. Die Shabaab errichten Straßenblockaden, um den Warentransport in regierungskontrollierte Gebiete und Städte zu stören und die dortigen Subclans in die Knie zu zwingen.
So kann sich Somalias Regierung zunehmend weniger auf die traditionellen somalischen Clanstrukturen verlassen. Und politische Rivalitäten in Mogadischu sorgen für Streit. Im Juni entließ Präsident Hassan Sheikh Mohamud Somalias Armeechef Generalmajor Odowa Yusuf Rage. Im selben Monat entließ der Regionalpräsident von Hirshabelle, Ali Abdullahi Hussein, im Zuge eines Steuerstreits den Gouverneur des Distrikts Hiiraan, Ali Jeyte Osman.
Osman war wichtig gewesen, um die Milizen des Hawadle-Subclans einzubinden. Seine Entlassung lehnte er ab und verkündete den Austritt seines Distrikts Hiraan aus der Region Hirshabelle. Dies führte zu Straßenkämpfen.
Auch in der Nachbarregion Galmudug gibt es Führungskämpfe. In diesem Monat hat der stellvertretende Regionalvizepräsident Ali Dahir Eid den Innenminister der Region entlassen und ihm Sabotage des Antiterrorkampfes vorgeworfen. Regionalpräsident Ahmed Abdie Karie annullierte die Entlassung und setzte den Innenminister wieder ein.
Nicht ganz zufällig hat Galmudug in den vergangenen Monaten einige der heftigsten Kämpfe zwischen Armee und Shabaab erlebt. Nachdem die Regierungstruppen eine Reihe von Städten eroberten, schlugen die Islamisten Ende August brutal zurück und töteten nach eigenen Angaben 178 Regierungssoldaten bei dem Überfall auf eine Militärbasis. In den vergangenen Tagen hat eine neue Regierungsoffensive in der Region begonnen.
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