Meduza-Auswahl 10. – 16. Juli: Und wenn die US-Sanktionen wirklich kommen?
Trump droht mit Sanktionen – gegenüber Russland und gegen Staaten, die russisches Öl kaufen. Wie wirksam die Sanktionen wären, erklärt Meduza.
Das russisch- und englischsprachige Portal Meduza zählt zu den wichtigsten unabhängigen russischen Medien. Im Januar 2023 wurde Meduza in Russland komplett verboten. Doch Meduza erhebt weiterhin seine Stimme gegen den Krieg – aus dem Exil. Die taz präsentiert seit 1. März 2023 unter taz.de/meduza immer mittwochs in einer wöchentlichen Auswahl, worüber Meduza aktuell berichtet. Das Projekt wird von der taz Panter Stiftung gefördert.
In der Zeit vom 10. – 16. Juli 2025 berichtete Meduza unter anderem über folgende Themen:
Wie Russland Demografie-Daten verschwinden ließ
Zwischen Mai und Juli hat das russische Statistikamt Rosstat nach und nach die Veröffentlichung fast aller wichtigen demografischen Daten eingestellt. Zuerst verschwanden die regionalen Echtzeitdaten zu Geburten, Todesfällen, Eheschließungen und Scheidungen. Ende Juni weigerte sich Rosstat dann erstmals, die endgültigen Sterblichkeitsdaten für 2024 zu veröffentlichen.
Nun sind Datenauswertungen nicht mehr möglich – ebenso Studien, die sich auf offizielle Daten stützten. Dadurch wird es schwieriger, die Folgen des Krieges nachzuvollziehen. Außerdem bedeutet die Einschränkung des Zugangs zu diesen Daten einen Verlust des Überblicks und der Kontrolle über etwa die Berechnung von Sozialleistungen, Auszahlungen und Mittelzuweisungen für Schulen und Kindergärten sowie die Anzahl der dort verfügbaren Plätze. Meduza berichtet auf Englisch.
Wie wirksam wären die angedrohten US-Sanktionen?
Donald Trump hat am 14. Juli eine „wichtige Erklärung“ zum Krieg in der Ukraine abgegeben. Der US-Präsident versprach Kyjiw zusätzliche Militärhilfe und drohte Russland mit neuen Sanktionen: Es könnten 100-prozentige Zölle auf Exporte in die USA in 50 Tagen – am 1. September – eingeführt werden, wenn kein Frieden oder Waffenstillstand in der Ukraine erreicht wird. Und diese Maßnahme droht nicht nur Russland selbst (dessen Exportvolumen in die USA unbedeutend ist), sondern – was noch wichtiger ist – auch seinen Handelspartnern.
Trump sagte nicht, welche Partner genau von den Sanktionen betroffen sein könnten. Aber Vertreter seiner Regierung präzisierten, dass Trump von Abnehmern russischen Öls gesprochen habe. Damit wiederholt der US-Präsident mit seiner Initiative den Gesetzentwurf zweier Senatoren, die vorgeschlagen hatten, Staaten, die Energieressourcen aus Russland beziehen, mit 500-prozentigen Zöllen zu bestrafen.
Sergej Vakulenko, Senior Fellow am Carnegie-Berlin Center für Russland und Eurasien, sagt im Interview mit Meduza: Es gebe keine echten Alternativen zu russischem Öl auf dem Markt. Und erklärt dann, wie wirksam die US-Sanktionen sein könnten. Meduza veröffentlicht das Gespräch auf Russisch.
Russlands vermisste Soldaten
Der kritische Exil-Fernsehsender Doschd veröffentlicht eine Doku unter dem Namen „Weder tot noch lebendig“ über russische Soldaten, die im Krieg mit der Ukraine vermisst werden. Meduza veröffentlicht den Film mit einem Begleittext auf Russisch.
Die Doku erzählt mehrere Geschichten von Familien, die nach ihren mobilisierten oder unter Vertrag genommenen Angehörigen suchen.
Einer der Vermissten ist der 18-jährige Said Murtasalijew aus Dagestan. Der Film erzählt seine Geschichte so: Er kam in den Winterferien nach Moskau, wo er „wegen Betrugs“ verhaftet wurde. In der Polizeistation wurde Murtasalijew angeboten, einen Vertrag mit dem Verteidigungsministerium zu unterschreiben. Als er sich weigerte, wurde er gefoltert – „man stülpte ihm eine Gasmaske über den Kopf und drückte ihm auf die Brust, bis er das Bewusstsein verlor“, berichtete seine Mutter Leila Nachschunowa.
Eine seltsame Sommersaison am Asowschen Meer
Im Dezember 2024 liefen Tausende Tonnen Masut – ein Schwerölprodukt, das hauptsächlich in Kraftwerken verwendet wird – aus havarierten Tankern aus und wurden an die Küste von Anapa, einem beliebten Touristenziel am Asowschen Meer, gespült.
Die Verschmutzung brachte die Hotelbesitzer der Stadt und der benachbarten Ferienorte sofort in finanzielle Schwierigkeiten. Touristen, die ihren Sommerurlaub an der russischen Küste bereits im Voraus bezahlt hatten, verlangten Rückerstattungen, neue Buchungen blieben ganz aus. Den ganzen Winter und Frühling über beteiligten sich Einheimische und Freiwillige aus dem ganzen Land an den Aufräumarbeiten, um die Strände rechtzeitig zum Beginn der russischen Urlaubssaison wiederherzustellen.
Letztendlich verboten jedoch staatliche Behörden Strandaktivitäten und das Schwimmen im Meer. Anfang Juni besuchten Korrespondenten der unabhängigen Journalistenkooperative Bereg die Schwarzmeerküste, um sich ein Bild von einer der seltsamsten Sommersaisons in der Geschichte Anapas zu machen. Meduza gibt ihren Bericht auf Englisch wieder.
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