Eskalation im Kosovo: Der Troublemaker heißt Vučić

Schon wieder zündeln serbische Kräfte im Kosovo. Unverständlich ist, dass EU-Vertreter und sogar deutsche Diplomaten nicht klare Kante zeigen.

Aleksandar Vucic hält ein Foto hoch, das eine Barrikade von drei Lastwagen zeigt, die eine Brücke in der Nähe des Klosters versperren sollen

Der serbische Präsident Vučić bei der Pressekonferenz anlässlich der Gefechte im Kosovo Foto: Zorana Jevtic/reuters

Kleine grüne Männchen wie bei der Krimbesetzung 2014 waren es nicht, die für die jüngste Schießerei im Kosovo verantwortlich sind. Ob es sich bei dem Überfall um lokale Kriminelle oder um serbische Geheimdienstleute in Camouflage handelt, ist noch nicht geklärt. Was hingegen klar ist: Serbien verschärft mal wieder die Lage auf dem Balkan, im Kosovo.

Erneut sind Tote zu beklagen. Wieder werden nationale Emotionen aufgewühlt. Und wieder zeigt vor allem die EU unter den unsäglichen Verhandlern Miroslav Lajcak und Josep Borrell eine proserbische Schlagseite, die einfach nicht mehr zu verstehen ist. Wer monatelang davon redet, die Kosovaren unter Albin Kurti seien die Troublemaker auf dem Balkan und dabei nicht sieht, dass damit die serbische Seite ermutigt wird, zu immer schärferen Mitteln zu greifen, um ihre Ziele durchzusetzen, dem ist nicht zu helfen.

Der wirkliche Troublemaker heißt Aleksandar Vučić und ist Präsident Serbiens. Er verfolgt knallhart seine Ziele, ohne Kompromissbereitschaft. Kompromisse eingehen, bedeutet für ihn eine Schwäche. Dass seine Strategie scheitert, die serbischen Gemeinden im Kosovo als Gemeindeverband durchzusetzen und Kosovo trotzdem nicht anzuerkennen, will er nicht wahrhaben. „Denjenigen, die glauben, dass Serbien Kosovo anerkennen wird“, antwortet er, „dass wir die Unabhängigkeit des Kosovo niemals anerkennen werden, selbst wenn ihr uns alle tötet.“

Vučić hat einen langen Atem und sieht die Diplomaten Europas nur als nützliche Idioten an, die er so lange hinhalten kann, bis der Ukrainekrieg entschieden ist. Gewinnt Russland, gewinnt auch er im Kosovo. Auch in einem Europa der Orbáns und der Rechtsradikalen hätte er Chancen, seine Position durchzusetzen. Doch selbst im Europa der liberalen Demokratien gibt es Strömungen und Diplomaten, die ihm entgegenkommen. Auch in Deutschland scheint die Position nicht eindeutig zu ein. Dabei wäre mehr denn je Klarheit geboten gegenüber allen Putinisten und Autokraten.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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