: Unterstützung in der Klimakrise
Von den Auswirkungen der Klimakatastrophe sind die Menschen im Globalen Süden am stärksten betroffen. Die Akteure der Fairen Woche wollen beleuchten, wie der Faire Handel zu mehr Klimagerechtigkeit beitragen kann. Seine Stärke: langfristige Beziehungen
Von Frank Herrmann
Lang anhaltende Dürren, Starkregen mit Überschwemmungen, Wirbelstürme, Pilzkrankheiten, schmelzende Gletscher: Die weltweite Klimakrise macht sich bereits seit vielen Jahren vor allem im Globalen Süden bemerkbar. Besonders ärmere Bevölkerungsschichten leiden unter den Folgen der hohen Treibhausgasemissionen, die der industrialisierte Norden und transnationale Konzerne weiterhin ungebrochen produzieren. Das ist ungerecht.
Die wohlhabenden Länder des Nordens tragen am meisten zur menschengemachten Klimakrise bei, besitzen aber Geld und Technologien, um sich vor den Folgen zu schützen. Ihr Reichtum basiert allerdings in hohem Maße auf wirtschaftlichen Aktivitäten, die den Klimawandel vorantreiben – unter anderem dem Verbrennen fossiler Energieträger.
Dass es nicht sonderlich gerecht zugeht auf unserem Planeten, ist bekannt. Wenige besitzen viel, viele fast nichts. Während mehr als 800 Millionen Menschen hungern, weitere Milliarden unter stark gestiegenen Lebenshaltungskosten leiden, konnte sich einer Oxfam-Studie zufolge das reichste Prozent der Weltbevölkerung 63 Prozent der gesamten Vermögenszuwächse von 2020 bis 2022 einverleiben – 2.600 Milliarden US-Dollar. Dabei produzieren reiche Menschen mit ihrem luxuriösen Lebensstil deutlich mehr CO2 als ärmere, wälzen die Folgekosten aber gerne auf die Allgemeinheit ab.
Die Klimakrise hebt diese Ungleichheiten auf ein neues Level. Wenn wir also von Klimagerechtigkeit sprechen, geht es um viel mehr als „nur“ um die Auswirkungen von Wetterextremen, um technische Lösungen oder einem gerechten internationalen Klimaabkommen. Es gilt historische, politische und gesellschaftliche Disparitäten zu beseitigen, deren Folge die aktuelle Klimakrise ist.
Unverhältnismäßig stark betroffen von der Klimakrise sind auch Millionen kleinbäuerliche Partnerbetriebe des Fairen Handels in Ländern des Globalen Südens. Obwohl sie vor Ort einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten und zum Erhalt von Biodiversität und lebenswerten ländlichen Regionen beitragen, bedeutet die Erderwärmung ein existenzielles Risiko für sie. Die meisten von ihnen sind auf stabile klimatische Verhältnisse angewiesen. Die Wetterkapriolen der vergangenen Jahre setzen ihnen schwer zu.
So berichten die Befragten einer Untersuchung der European Fair Trade Association (EFTA) übereinstimmend „von dramatischen und manchmal verheerenden Auswirkungen der Klimakrise auf die Lebensbedingungen ihrer jeweiligen Gemeinschaften“. Ob von Stürmen beschädigte Kaffeesträucher in Guatemala, vermehrter Schädlingsbefall bei Mangos auf den Philippinen, durch Hitze verbrannte Quinoa-Sträucher in Bolivien oder durch zu wenig Regen geschwächte Kakaobäume in Ghana: Die Klimakrise bedroht die Lebensgrundlagen der Menschen, die unmittelbar von natürlichen Ressourcen abhängig sind. Selbst Kunsthandwerk:innen sind betroffen, wenn etwa Holz zu trocken oder zu feucht für die Verarbeitung ist.
Die schwierige Lage ihrer Partnerbetriebe, die unter anderem Kaffee, Kakao, Südfrüchte, Baumwolle oder Kunsthandwerk über den Fairen Handel vermarkten, ist den deutschen Fairhandelsorganisationen seit Längerem bekannt. Doch statt zu lamentieren, krempelt man bei der Gepa, El Puente oder Weltpartner die Ärmel hoch. Denn eine zentrale Komponente des Fairen Handels und eine seiner großen Stärken ist die enge und auf Langfristigkeit ausgerichtete Beziehung mit den Projektpartnern. Dieses Band des Vertrauens, dessen Resilienz sich schon während der Coronakrise bewährt hat, hilft auch jetzt, gemeinsame Antworten auf die Klimakrise zu finden.
Die Bandbreite der Maßnahmen hat die gesamte Wertschöpfungskette im Blick: In den Produzentenländern stellen Kooperativen auf Bioanbau um, forsten Wälder auf, pflanzen Schattenbäume oder nutzen recycelte Materialien. Der überwiegende Teil des Transports der Rohstoffe und Waren erfolgt per Schiff, zum Teil auch emissionslos mit dem Segelboot. Unvermeidliche Emissionen werden durch qualitativ hochwertige Klimazertifikate kompensiert. Immer mehr Unternehmen nutzen plastikfreie Verpackungen und bieten die Produkte unverpackt an.
Auch ihre eigene CO2-Bilanz haben die Unternehmen des Fairen Handels im Blick. Der Klimaschutz am Standort Deutschland reicht unter anderem von Solaranlagen und Regenwassernutzung bei El Puente über den Verzicht auf Inlandsflüge und die Teilnahme an Klimastreiks bei Weltpartner bis hin zu Jobrad-Angeboten und begrünten Dächern bei der Gepa.
Es ist offensichtlich, dass der Nischenmarkt Fairer Handel die Mammutaufgabe globaler Klimaschutz nicht allein stemmen kann. Umso wichtiger ist daher das politische Engagement von Dachorganisationen wie dem Forum Fairer Handel, dem Weltladen-Dachverband oder Fairtrade Deutschland anhand einer öffentlichkeitswirksamen Kampagnenarbeit, durch Gespräche mit der Politik oder die Teilnahme an Demonstrationen.
Ziel muss es sein, den Druck auf Politik und Konzerne massiv zu erhöhen. Keine Klimagerechtigkeit ohne Handelsgerechtigkeit!
Das Forum Fairer Handel hat die Broschüre „Klimagerechtigkeit und Fairer Handel“ veröffentlicht. Sie ist in der Materialdatenbank zu finden und kostenlos downloadbar und auch als Printprodukt gegen Spende erhältlich.
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