: Protest gegen die „Astoria Grande“
In Georgien wird gegen das Anlanden eines Kreuzfahrtschiffes mit russischen Tourist*innen an Bord demonstriert. Grund für die Aufregung: Die Aussage, Russland habe das abtrünnige Abchasien „befreit“
Von Barbara Oertel
In der georgischen Hafenstadt Batumi ist es am Montag erneut zu Protesten gekommen. Grund für den Aufruhr: Ein erneuter Zwischenstopp des Kreuzfahrtschiffes „Astoria Grande“ mit 800 Tourist*innen an Bord, von denen die meisten aus der Russischen Föderation stammen.
Bereits in der Nacht zu Montag hatten sich am Hafen die ersten Demonstrant*innen eingefunden, am Morgen stießen Student*innen, Oppositionelle und Aktivist*innen hinzu. Laut Angaben georgischer Medien hatte die Polizei das Areal am Hafen mit Metallgittern absperren lassen. Dennoch kam es zu Zusammenstößen mit den Ordnungskräften, mehrere Personen wurden festgenommen.
Laut des russischen Bloggers Nikolai Lewschiz, der in Georgien lebt, hätten die Protestierenden den Weg der Passagiere zur Pier versperrt. Ein Bus, der die Tourist*innen abholen sollte, sei mit Eiern und Flaschen beworfen und dann zum Hafen durchgelassen worden.
Schon am vergangenen Freitag war es in Batumi zu Protesten gekommen. Der Auslöser waren Äußerungen einiger Reisender von der „Astoria Grande“ gegenüber Journalist*innen georgischer Medien. Das Webportal JaMnews zitierte eine Russin, die von der Besatzung Abchasiens – eine autonome Region, die völkerrechtlich zu Georgien gehört – durch russische Truppen nichts wisse. Russland sei keine Besatzungsmacht, sondern habe Abchasien von Georgien befreit. Die Menschen dort hätten um Hilfe gebeten, da Georgien Panzer geschickt habe. Sie habe das alles selbst in Abchasien gesehen, sagt sie dem Medium.
Die Region Abchasien hatte sich 1993 nach einem Krieg gegen Georgien für unabhängig erklärt. Nach bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Russland und Georgien um die zweite abtrünnige Region Südossetien im August 2008 erkannte Moskau beide Gebiete als unabhängig an. Heute sind 20 Prozent des georgischen Territoriums von russischen Truppen besetzt.
Auf Plakaten der Protestierenden waren Parolen zu lesen wie: „Russland hat uns unsere Heimat, unsere Leben und unsere Zukunft weggenommen“ und „Die georgische Regierung kann aus dem georgischen Volk keine Russ*innen machen!“ Auch Rufe wie „Russisches Kriegsschiff, f… dich!“ waren zu hören.
Demonstrierende in Batumi
Besagten Satz, den in der Ukraine jedes Kind kennt, hatte ein ukrainischer Soldat auf der Schlangeninsel am 24. Februar 2022 – dem ersten Tag von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine – als Funkspruch abgesetzt. Er war eine Antwort an die Forderung der russischen Besatzung eines Kriegsschiffes, das Eiland im Schwarzen Meer zu räumen. Die Schlangeninsel ist, nach mehrmonatiger russischer Besatzung, seit Ende Juni 2022 wieder unter ukrainischer Kontrolle.
Die „Astoria Grande“ hatte am 22. Juli im russischen Sotschi abgelegt. Laut der georgischen Schifffahrtsagentur, zitiert die oppositionelle russischsprachige Novaya Gazeta Europe, fahre das Kreuzfahrtschiff unter der Flagge von Palau, einem Inselstaat im Pazifik, und gehöre zur türkischen Kreuzfahrtgesellschaft Miray Cruises International. Es sei auf den Seychellen registriert und unterliege keinen internationalen Sanktionen.
Informationen des georgischen Fernsehsenders Priveli zufolge, den das ukrainische Webportal Ukrainska Pravda zitiert, soll der Besitzer der „Astoria Grande“ der russische Geschäftsmann Dmitri Purim sein. Unterdessen berichtete die russische staatliche Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf eine Agentur für Kreuzschifffahrten, dass die „Astoria Grande“ Batumi künftig nicht mehr anlaufen werde.
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