Barbie und Pinocchio

Der Blockbuster „Barbie“ erregt die Gemüter

Von Tim Caspar Boehme

Pink knallt, und die „Barbiecore“-Mode scheint den Trend zum Quietschigen auf neue Höhen zu treiben. Dabei gilt Pink traditionell als kalte Farbe, was sogar beruhigend wirken sollte, anders als das aggressiv warme Gelb. Greta Gerwigs Spielfilm „Barbie“, der seit einer Woche für volle Kinos sorgt, schwelgt in rosa, pink und lila gehaltenen Tönen. Einige Reaktionen fallen dennoch weniger entspannt als vielmehr heftig aus.

Eigentlich zählt der Film zur selben Kategorie wie die Lego- und Playmobil-Kinobeiträge, in denen Kinderspielzeuge als Figuren in Szene gesetzt werden. Bei diesen gibt es stets eine Kooperation mit den fraglichen Firmen, ein Reklamecharakter gehört zum Leinwanderlebnis dazu. Dass der „Barbie“-Film die Medien jetzt zum Dauereinsatz anregt, während andere Spielzeugfilme allenfalls kurze Zeit etwas Aufmerksamkeit abbekommen, hat mit einem Reizwort zu tun, das der Film, der in den USA im Übrigen erst ab 13 Jahren empfohlen ist, während ihn hierzulande schon 6-Jährige gucken können, wie eine Monstranz vor sich herträgt: „Feminismus“.

In Barbieland regieren die Barbies, die Kens spielen als deren männliche Ergänzungen eine untergeordnete Rolle, daher „Barbie und Ken“ und nicht umgekehrt. Radikal oder subversiv ist das nicht, wie schon in unserer Besprechung zum Kinostart zu lesen war.

Die Frage ist, wie schlimm man das finden muss. Über Pop-Aneignungen von Barbie wie bei der Rapperin Nicki Minaj entstand seinerzeit schließlich auch keine erregte Debatte. Greta Gerwig dürfte sich des kommerziellen Kompromisses, den sie eingegangen ist, bewusst gewesen sein, sie nimmt sich einfach die Freiheit, eine Puppe mit fragwürdigen Körpermaßen durch ihre Hauptdarstellerin Margot Robbie souverän zum Leben zu erwecken.

Ein bisschen ist es wie bei Pinocchio, der sich durch Feen­zauber von einer Ma­rio­net­te in ein Kind verwandelt. Barbie aber entscheidet sich selbst, aus dem paradiesischen Barbieland in die echte Welt zu wechseln und zum sterblichen Menschen mit Leib aus Fleisch und so zu werden. Ein unerwarteter Entwicklungsroman, ein unterhaltsamer dazu. Kein ernster Grund zur Aufregung.