: Kammern klagen gegen Ausbildungsabgabe
Der von der Bremer Bürgerschaft beschlossene Ausbildungsfonds soll mehr Jugendliche in Lehrstellen bringen. Die Kammern halten das Gesetz für verfassungswidrig
Von Eiken Bruhn
Wie angekündigt, haben am Mittwoch fünf berufsständische Kammern gegen die im März von der Bremer Bürgerschaft beschlossene Ausbildungsplatzabgabe geklagt. Sie bezweifeln, dass das Gesetz verfassungsgemäß ist. „Um 10.35 Uhr hat unsere Rechtsanwältin den Antrag auf ein Normenkontrollverfahren beim Staatsgerichtshof eingereicht“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Bremen, Matthias Fonger, eine Dreiviertelstunde später auf einer Pressekonferenz im Schütting, dem Sitz der Handelskammer seit 1849.
Mitklagende sind die Hanseatische Rechtsanwaltskammer, die Apothekerkammer, die Zahnärztekammer sowie die Handwerkskammer – bei Letzterer allerdings nur die Arbeitgeberseite, sagte Thomas Kurzke, Präses der Handwerkskammer. Die in der Kammer vertretene Arbeitnehmerseite habe eine andere Position. Die Bremer Ärztekammer werde sich vermutlich anschließen, sagte deren Geschäftsführerin Heike Delbanco der taz. Das sei aber abhängig von einem Beschluss der Delegiertenversammlung im September, der sie nicht vorgreifen dürfe.
Noch nie habe die Handelskammer eine Normenkontrollklage angestrengt, sagte deren Präses Eduard Dubbers-Albrecht, noch nie habe es eine solche Einigkeit der Kammern gegeben. Das allein zeige, wie ernst es ihnen mit ihrem Widerstand gegen das Gesetz sei.
Dieses ist bundesweit einmalig und soll dazu führen, dass mehr junge Menschen einen Ausbildungsplatz bekommen. Im Land Bremen haben nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit Ende Juni noch 528 Personen einen Ausbildungsplatz gesucht – dem hatten 475 noch unbesetzte Ausbildungsplätze gegenübergestanden. Der von Bremen beschlossene Ausbildungsunterstützungsfonds soll nun diejenigen belohnen, die ausbilden – und diejenigen bestrafen, die das nicht tun. Das geschieht über eine Zwangsabgabe aller Unternehmen mit mehr als fünf Beschäftigten. Sie sollen ab 2024 jeweils 0,3 Prozent ihrer Bruttolohnsumme in den Fonds einzahlen und bekommen pro Auszubildender oder Auszubildendem 2.500 Euro. Aus dem Fonds sollen zudem Unterstützungsangebote für Auszubildende und Unternehmen finanziert werden.
Aus Sicht der Kammern liegt es nicht an den Ausbildungsbetrieben, dass kurz vor Beginn des Ausbildungsjahres so viele junge Menschen ohne Leerstelle dastehen – sondern an deren mangelnder Qualifikation. Dafür seien aber nicht die Betriebe, sondern die Schulen verantwortlich, so der Handelskammer-Geschäftsführer Matthias Fonger. Nicht lösen könne das Gesetz zudem die Probleme der Unternehmen, die gern ausbilden würden, aber niemanden finden. „Ich würde gerne zwei bis drei Auszubildende einstellen“, sagte der Handwerkskammer-Präses Thomas Kurzke, der einen Malerbetrieb führt. „Ich habe alles versucht, ich war auf Schulmessen, habe Anzeigen geschaltet – ich finde niemand.“
Thomas Kurzke, Handwerkskammer
Die jetzt eingereichte Klage gründet sich auf fünf Punkte, unter anderem werde das Gleichbehandlungsgebot verletzt, so Matthias Fonger von der Handwerkskammer. So seien die Kirchen nach ihrem Protest ausgeklammert worden.
Die neue Senatorin für Arbeit, Claudia Schilling (SPD), teilte mit, der Senat sei „weiterhin von der Rechtmäßigkeit des Gesetzes überzeugt“. Allerdings ließ sie eine Hintertür offen: „Wir werden uns die Argumentation der Kammern nun genau ansehen und dann über mögliche weitere Schritte entscheiden.“ Denn das Ziel sei schließlich ein gemeinsames: „Wir wollen mehr Jugendliche in Ausbildung bringen.“
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