piwik no script img

Hetze mit Gottes Segen

Die orthodoxe Kirche Georgiens macht anlässlich einer Aktionswoche gegen LGBTQ+ mobil. Die Regierungspartei Georgischer Traum tut nach Kräften mit

Von Barbara Oertel

In der Südkaukasusrepublik Georgien ist die ortsansässige orthodoxe Kirche wieder im Dauereinsatz. Denn die erste Juli-Woche steht ganz im Zeichen von zahlreichen Veranstaltungen der LGBTQ+-Community, von denen viele hinter verschlossen Türen stattfinden.

In einem Aufruf des Patriarchiats heißt es, die Zeit sei gekommen, das Problem queerer Propaganda durch Gesetze zu regeln. LGBTQ+-Aktionen sollten überhaupt nicht stattfinden dürfen. Leider endeten die Versuche nicht, in Georgien eine perverse Lebensweise einzuführen. LBGTQ+-Propaganda sei unannehmbar. Jedoch hätte die Kirche nie zu Gewalt aufgerufen und sei bemüht, den Frieden in der Bevölkerung aufrechtzuerhalten, heißt es weiter.

Offensichtlich haben die Gottesmänner Erinnerungslücken. So sah sich eine Gruppe von rund 50 queeren Ak­ti­vis­t*in­nen am 17. Mai 2013, dem internationalen Tag gegen Homophobie, in der Hauptstadt Tbilissi mit gewalttätigen Gegendemonstranten konfrontiert. In der ersten Reihe liefen orthodoxe Priester mit. Die Menge durchbrach die Polizeiabsperrungen, um die Ak­ti­vis­t*in­nen anzugreifen. Die Polizei war gezwungen, Letztere zu evakuieren, um weitere Gewalt zu verhindern.

2021 kam es rund um einen LGBTQ+Marsch zu schweren Zusammenstößen, nachdem die Regierung davon Abstand genommen hatten, die Teil­neh­me­r*in­nen von Polizeikräften vor dem rechten Mob schützen zu lassen.

Die Or­ga­ni­­sator*innen der Pride-Woche werden ständig massiv bedroht

Vor allem Premier Irakli Gharibaschwili, aber auch der Chef der Regierungspartei Georgischer Traum, Irakli Kobakhid­ze, befeuern derzeit die homophobe Rhetorik nach Kräften. So sprach Gharibaschwili anlässlich des diesjährigen Unabhängigkeitstages am 26. Mai von „teuflischen Kräften, die versuchten, traditionelle Werte zu zerstören und Lügen zur Wahrheit zu erklären“. Koba­khidze verstieg sich kurz darauf zu der Aussage, Angehörige sexueller Minderheiten müssten auf den richtigen Weg gebracht werden. Jungen sollten Frauen bekommen, Mädchen heiraten und sich fortpflanzen. Ihrer aller Orientierungen sollten korrigiert werden. Noch lehnt die Regierungspartei es ab, ein Gesetz über „LGBTQ+-Propaganda“ auf den Weg zu bringen. Doch das muss so nicht bleiben.

Die Or­ga­ni­sa­to­r*in­nen der Pride-Woche werden ständig bedroht – so auch von der „Konservativen Bewegung/Alt Info“, die für christliche Werte eintritt und die Nähe zu Russland sucht. Einer der Gründer, Zurab Ma­kharadze. kündigte an, das Abschlussfestival am kommenden Samstag verhindern zu wollen. Seine Un­ter­stüt­ze­r*in­nen forderte er auf, dafür Geld zu sammeln.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen