Verbände kritisieren Selbstbestimmungsgesetz

Der Bundesverband Trans* sowie Frauenschutzverbände und Jurist_innen begrüßen und kritisieren das geplante Gesetz, das die Änderung des Geschlechtseintrags neu regeln soll

Von Nicole Opitz

Am Dienstag endete die Verbändebeteiligung zum Selbstbestimmungsgesetz (SBGG). Der von Justiz- und Familienministerium geplante Gesetzentwurf wird vor allem von Juristischen Verbänden, Betroffenenverbänden und teils von Frauenschutzverbänden begrüßt. Einige Details werden jedoch scharf kritisiert, da sie Vorurteile zementieren und teilweise zu einer Verschlechterung der Gesetzeslage beitragen würden. Rechte Politiker_innen wie trans-exkludierende Frauenvereine dagegen lehnen das Gesetz ab.

Das geplante Gesetz soll eine möglichst niedrigschwellige Änderung des Geschlechtseintrags ermöglichen. Es soll das in Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz von 1980 ablösen, das in dem Glauben eingeführt wurde, dass trans Menschen „krank“ seien: Deshalb sind trans, inter und nichtbinäre Menschen zurzeit mit Gerichtsverfahren wie psychologischer Begutachtung konfrontiert, in denen sie teils demütigende Fragen zur Intimsphäre beantworten müssen, was mit dem künftigen Gesetz nicht mehr der Fall sein wird.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Geschlechtseintrag sowie Vornamen künftig beim Standesamt geändert werden können. Nach einer dreimonatigen Wartezeit ist die Änderung gültig. Kinder und Jugendliche sollen mit dem Einverständnis ihrer Sorgeberechtigten Vornamen sowie Geschlechtseintrag ändern können. Sind die Jugendlichen über 14 Jahre alt und ihre Sorgeberechtigten stimmen nicht zu, kann ein Familiengericht diese Zustimmung ersetzen.

Juristinnen und Frauenschutz­verbände kritisieren die Hausrechts­regelung für Saunen

Nun gibt es Kritik, auch aus Regierungskreisen selbst: Sven Lehmann, Staatssekretär im Familienministerium von Lisa Paus (beides Grüne) veröffentlichte am Dienstag eine achtseitige Stellungnahme zum Gesetz. Dabei kritisiert er vor allem den sogenannten Hausrechtsparagraphen, die Wartezeit von drei Monaten sowie das Offenbarungsverbot, das ihm nicht weit genug geht. Das Offenbarungsverbot sieht bei Outing gegen den Willen der Person oder Deadnaming, die Verwendung des Geburtsnamens, eine Strafe von bis zu 10.000 Euro vor. Lehmann kritisiert daran vor allem, dass eine Schädigung der Person vorliegen muss und dass es zu viele Ausnahmen für die Verbote gibt – wie etwa ehemalige Ehepartner_innen.

Der Hausrechtsparagraf kam erstmals im Januar ins Spiel, als Justizminister Marco Buschmann (FDP) in einem Interview mit der Zeit das Hausrecht von Saunabetreiber_innen betonte. Der Deutsche Sauna-Bund begrüßt diesen Paragrafen ausdrücklich. Er begründet das mit dem „Bedürfnis nach dem Schutz der Intimsphäre oder auch auf die Befürchtung einer Belästigung oder sexuellen Belästigung Rücksicht zu nehmen“.

Jurist_innen wie Frauenschutzverbände kritisieren diese Herangehensweise im Gesetz. Der Bundesverband Frauenberatungsstellen (bff) stellte etwa in seiner Stellungnahme klar: „Trans, inter und nichtbinäre Personen sind in sehr hohem Maße von geschlechtsspezifischer Gewalt und sexistischen Übergriffen betroffen“, und weiter: „Durch das Selbstbestimmungsgesetz werden Damentoiletten, Umkleiden und Duschen nicht weniger sicher als bisher. An solchen Orten kommt es immer wieder zu Übergriffen vor allem durch cis Männer.“

Der Sauna-Bund befürchtet Belästigung und beruft sich auf das Hausrecht Foto: Jens Gyarmaty/laif

Der Deutsche Juristinnenbund (djb) kritisiert die „Droh­szenarien und Missbrauchsmöglichkeiten“, die vertieft im Entwurf erörtert würden und „nicht auf empirischen Anhaltspunkten beruhen“.

Der Bundesverband Trans* (BVT*) betonte, dass „dem Verband nach der eingehenden Beschäftigung mit dem vorgelegten Entwurf nicht nur zum Feiern zumute“ ist. Die zunehmend transfeindlichen Narrative in der Gesellschaft und den Medien würden sich im Gesetz verfestigen. Der Verband fordert das Ende der dreimonatigen Wartefrist.