das portrait: Der Abgang Maike Schaefers beendet ein Missverständnis
Parteiintern hat Maike Schaefer am Montag doch noch für Erleichterungsseufzer gesorgt. In der Zentrale der Grünen hat die Bremer Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau ihren Rückzug aus dem Senat bekannt gegeben. „Der Schritt fällt mir nicht leicht“, sagte die Biologin am späten Vormittag, und das ist glaubwürdig.
Als sie vor vier Jahren erstmals Spitzenkandidatin war, hatte die damalige Grünen-Fraktionsvorsitzende noch ein achtbares Ergebnis eingefahren. Jetzt aber war die Partei mit Volldampf in die Niederlage gerauscht. Und so viel ist klar: Die 1971 im hessischen Schwalmstadt geborene Frontfrau hatte dabei das Tempo durch unpopuläre Maßnahmen noch forciert. Fast wirkte es, als verfolge sie, im Herbst von der Landesmitgliederversammlung nur sehr halbherzig nominiert, das Ziel, sich dafür durch ein möglichst aufsehenerregendes Scheitern zu rächen: Mutig, sehenden Auges und ohne sich durch Rat oder gar Kritik beirren zu lassen.
Dass Schaefer ihren Abgang trotz heftigen internen Drängens nicht schon bei der mehr als tristen Wahlparty vollzogen hatte, lässt sich daher auch als Symptom des persönlichen Grundproblems deuten: Eine Heilige würde Fehler stets zuerst bei sich selbst suchen. Aber wer wäre das schon? Schaefer definitiv nicht. Noch am Sonntag hatte sie den personalisierten Wahlkampf von SPD und CDU sowie die Bundespolitik und namentlich Robert Habecks Wärmepumpen-Pläne für ihr Scheitern verantwortlich gemacht: Eine Deutung, die sie zwar mit der Bild-Zeitung teilte, die aber angesichts formidabler grüner Kommunalwahlergebnisse in Schleswig-Holstein unplausibel wirkte.
Noch weniger vermag sie das Bedürfnis der Landespartei zu stillen, jemanden persönlich zur Rechenschaft zu ziehen: Rund ein Drittel ihrer Stimmen und Mandate haben die Grünen im Vergleich zu 2019 verloren. Sofern die Partei weiter mitregieren darf, wird sie ein Ressort abgeben müssen samt den daran geknüpften Jobs. Sehr viel Zorn, mitunter auch echten Hass hört man gerade aus Grünen-Kreisen. Gegen diesen geballten Frust bestehen zu wollen, wäre desaströs gewesen. „Ich habe ihr auch dazu geraten“, kommentiert der ehemalige Fraktionsvorsitzende der Grünen, Matthias Güldner.
Vor viereinhalb Jahren hatte Schaefer die langjährige Finanzsenatorin Karoline Linnert in einer Urabstimmung um die Spitzenkandidatur verdrängt. Güldner war damals Initiator des Mitgliederentscheids gewesen. Und er findet auch noch nach der Wahl lobende Worte für die 51-Jährige: „Sie ist immer sehr kämpferisch gewesen“, sagt er, und „als Biologin hat sie die Themen Umwelt- und Klimaschutz so ernst vertreten, wie sie vertreten werden müssen.“ Dass ihre Amtsführung kritikwürdig gewesen sei, betont allerdings auch er: „Weder nach außen noch intern oder mit den Koalitionspartner hat es eine gute Kommunikation gegeben“.
Politik ohne Kommunikation – was könnte das sein? Wohl nur die Übertragung von Dogmen in Verwaltungshandeln: Insofern wird man Maike Schaefers politische Karriere am Ende eher als ein seltsames Missverständnis verbuchen, nicht obwohl, sondern weil sie eine echte Überzeugungstäterin war. Und keine Politikerin. Benno Schirrmeister
21, wahl in bremen
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