+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Ortung per Gesichtserkennung
Moskau fahndet per Kamera nach Wehrpflichtigen. Putin soll die Regionen Cherson und Luhansk besucht haben, Selenski eine Stadt an der Ostfront.
Selenski besucht Stadt an der Front im Osten
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die heftig umkämpfte Stadt Awdijiwka an der Front im Osten der Ukraine besucht. Wie das Präsidialamt am Dienstag in Kiew auf seiner Website mitteilte, traf der Staatschef Soldaten an „vorgerückten Stellungen“ in der Stadt und wünschte ihnen ein frohes Osterfest.
Das Treffen erfolgte demnach in der Nähe der von russischen Truppen besetzten Stadt Donezk. Auf Fotos war zu sehen, wie Selenski mit Soldaten an einem Tisch mit Ostergebäck sitzt. Das orthodoxe Osterfest wurde am Sonntag in der Ukraine und in Russland begangen.
Wenige Stunden vor der Nachricht aus Kiew hatte der Kreml in Moskau bekannt gegeben, dass der russische Präsident Wladimir Putin am Montag Soldaten in den ostukrainischen Regionen Cherson und Luhansk besucht habe (siehe unten).
Die Stadt Luhansk liegt etwa 50 Kilometer Luftlinie entfernt von Awdijiwka. Näher dürften sich Selenski und Putin länger nicht mehr gekommen sein. (afp/taz)
Moskau ortet Wehrpflichtige mithilfe von Gesichtserkennung
Die Moskauer Behörden nutzen mittlerweile gezielt die in der russischen Hauptstadt weit verbreiteten Gesichtserkennungskameras, um mögliche Rekruten für das Militär zu orten. Die amtliche Nachrichtenagentur Tass zitierte den Chef der Einberufungsbehörde, Maxim Loktew, am Dienstag mit den Worten, mit Hilfe der Kameras werde der Wohnort der Wehrpflichtigen identifiziert. Männer im Alter von 18 bis 27 sind eigentlich gehalten, einen Militärdienst von einem Jahr zu leisten. Bislang konnten sich dem allerdings viele der Wehrpflichtigen entziehen.
Präsident Wladimir Putin hatte deshalb vergangene Woche ein Gesetz unterzeichnet, wonach Wehrdienstverweigerer mit härteren Sanktionen rechnen müssen. Zudem können Einberufungsbescheide danach auch elektronisch zugestellt werden statt bisher nur persönlich über einen Vertreter des zuständigen Amtes. Dies gilt auch für Männer, die nach einer im vergangenen Jahr erklärten Teilmobilisierung im Krieg gegen die Ukraine dienen sollen. Betroffen davon sind bislang mindestens 300.000 Personen. Wegen des Kriegs haben bereits Zehntausende Männer Russland verlassen.
Die Zahl der Asylbewerber aus Russland in Deutschland ist seit Jahresbeginn deutlich gestiegen (siehe unten). (rtr/taz)
Kreml: Putin soll Cherson und Luhansk besucht haben
Der russische Präsident Wladimir Putin soll erstmals seit Beginn der russischen Militäroffensive in der Ukraine vor mehr als einem Jahr die Regionen Cherson und Luhansk besucht haben. Putin habe die dort stationierten Soldaten getroffen und Gespräche mit den Befehlshabern geführt, erklärte der Kreml am Dienstag.
Genauere Angaben zum Zeitpunkt der Besuche machte der Kreml nicht. Weiter hieß es, Putin habe den Streitkräften in den Regionen Cherson und Luhansk Glückwünsche anlässlich des orthodoxen Osterfestes überbracht, das am vergangenen Sonntag gefeiert wurde, und Ikonen überreicht.
„Der oberste Befehlshaber der Streitkräfte der Russischen Föderation hat das Hauptquartier des Generalstabs der Militäreinheit ‚Dnipro‘ in der Region Cherson aufgesucht“, hieß es in Moskau. Putin unterhielt sich demnach mit dem Befehlshaber der russischen Luftwaffe, Michail Teplinksi, und anderen ranghohen Militärs über die Lage in den Regionen Cherson und Saporischschja.
Es war der erste Besuch Putins in den Regionen Cherson und Luhansk seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar 2022. Beide Regionen werden teilweise von russischen Truppen kontrolliert. Moskau hatte Cherson und Luhansk im September 2022 zusammen mit zwei weiteren ukrainischen Regionen für annektiert erklärt.
Die russische Armee war im November 2022 aus der Stadt Cherson, Hauptstadt der gleichnamigen Region, abgezogen, um sich auf die andere Seite des Flusses Dnipro zurückzuziehen. In der Region Luhansk soll Putin sich mit Vertretern des Generalstabs der dort stationierten russischen Nationalgarde getroffen haben, wie der Kreml weiter mitteilte.
Im März hatte Putin angeblich der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim einen Besuch abgestattet. Anschließend soll er in die ukrainische Hafenstadt Mariupol weitergereist sein, die im vergangenen Jahr monatelang von der russischen Armee belagert und im Mai 2022 erobert worden war. (afp)
Lawrow in Brasília: USA kritisieren Lulas Haltung
Der russische Außenminister Sergei Lawrow hat die im Westen vielkritisierte Position Brasiliens zum Ukrainekrieg begrüßt. Russland sei „unseren brasilianischen Freunden“ dankbar für deren exzellentes Verständnis von der Entstehung dieser Situation, sagte Lawrow bei einem Treffen mit seinem brasilianischen Kollegen Mauro Vieira in Brasília. Dankbar sei sein Land zudem für Anstrengungen der Brasilianer, „es zu lösen“, ergänzte er mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Am Sonntag hatte Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in Abu Dhabi erklärt, dass zwei Staaten – sowohl Russland als auch die Ukraine – sich entschieden hätten, Krieg gegeneinander zu führen. Tags zuvor hatte er bei einem Peking-Besuch gesagt, die USA müssten aufhören, die anhaltenden Kämpfe in der Ukraine „anzukurbeln“, und damit beginnen, über Frieden zu reden. Jüngst hatte Lula der Ukraine zudem nahegelegt, die von Russland 2014 annektierte Halbinsel Krim abzutreten, um ein Kriegsende herbeizuführen. Das wiesen der Sprecher des ukrainischen Außenministeriums, Oleg Nikolenko, und andere Regierungsvertreter zurück.
Brasiliens Außenminister Vieira erklärte beim Treffen mit Lawrow zudem, dass die Sanktionen gegen Russland aus Sicht Brasiliens negative Folgen für die Weltwirtschaft hätten, insbesondere für Entwicklungsländer. Sein Land unterstütze eine sofortige Waffenruhe in der Ukraine, ergänze Vieira.
Der Sprecher des nationalen Sicherheitsrat des Weißen Hauses, John Kirby, kritisierte Brasiliens Haltung scharf. Auch jüngste Treffen von brasilianischen Regierungsvertretern mit Lawrow und Kremlchef Wladimir Putin verurteilte er. (ap)
Mehr Russ*innen beantragen Asyl in Deutschland
Die Zahl der russischen Asylbewerber ist einem Bericht zufolge zuletzt stark angestiegen. In den ersten drei Monaten dieses Jahres seien 2.381 Asylanträge von Russinnen und Russen gestellt worden, nach 2.851 Anträgen im gesamten Jahr 2022, wie der Fachinformationsdienst Table.Media am Dienstag unter Berufung auf Zahlen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) berichtete.
Demnach stieg der Männeranteil unter den Antragstellenden: 2022 seien es zu 59 Prozent Männer gewesen, in den ersten drei Monaten dieses Jahres dann 64 Prozent. Zurückzuführen sei der Anstieg auf die Mobilmachung Russlands im Krieg gegen die Ukraine.
Russische Deserteure könnten in Deutschland Asyl beantragen, sagte eine Bamf-Sprecherin Table.Media. „Sie erhalten im Regelfall internationalen Schutz.“ Wie viele Deserteure Asylanträge gestellt haben, sei jedoch noch nicht ermittelt worden. (afp)
G7 für verschärfte Sanktionen gegen Russland
Die Außenminister der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte haben sich auf eine Intensivierung der Sanktionen gegen das in der Ukraine kriegführende Russland verständigt. Das teilten sie zum Abschluss ihres Gipfeltreffens im japanischen Urlaubsort Karuizawa am Dienstagmittag (Ortszeit) mit.
„Wir sind weiterhin entschlossen, die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen, sie zu koordinieren und vollständig durchzusetzen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Es dürfe keine Straflosigkeit für Kriegsverbrechen und andere Gräueltaten wie die russischen Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur geben, hieß es. Getagt hatten in Japan die Außenbeauftragten Japans, der USA, Großbritanniens, Frankreichs, Deutschlands, Kanadas, Italiens und der EU.
Ein Großteil der Gespräche am Montag hatte dem Zweck gedient, den Weg für Beschlüsse durch die Staats-und Regierungschefs der G7 bei deren Treffen im Mai in Hiroshima zu ebnen. Neben einer harten Haltung mit Blick auf zunehmende Drohungen Chinas gegen Taiwan und gegenüber vermehrten nordkoreanischen Raketentests hatte die Frage, wie die von Russland angegriffene Ukraine stärker unterstützt werden und Russland stärker zur Rechenschaft gezogen werden kann, eine große Rolle gespielt.
Die Welt sei an einem Wendepunkt, hatte Japans Außenminister Yoshimasa Hayashi nach japanischen Angaben gesagt. Aus Kreisen von US-Verteidigungsminister Antony Blinken hatte es geheißen, das wichtigste Ziel der Gespräche sei, die Unterstützung für die Ukraine zu sichern. (ap)
Moldau verbietet russischer Delegation die Einreise
Moldau verwehrt russischen Politikern die Einreise und wirft ihnen vor, sich in interne Angelegenheiten einmischen zu wollen. Eine Delegation unter Führung des Gouverneurs der russischen Region Tatarstan, Rustam Minnichanow, landete zwar mit einer Regierungsmaschine in Moldau, durfte aber auf Anweisung der Polizei die Maschine nicht verlassen. Die Delegation wollte an einer Veranstaltung in der autonomen Region Gagauzia teilnehmen. Dort steht am 30. April die Wahl der Regionalregierung an. Die Moldauer Polizei wirft Minnichanow vor, mit seiner Teilnahme an der Veranstaltung den prorussischen Kandidaten unterstützen zu wollen. (rtr)
RIA: Inspektionen bei Getreide-Abkommen laufen wieder
Die vereinbarte Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer läuft russischen Angaben zufolge nach eintägiger Unterbrechung wieder an. Die Inspektionen von Frachtern mit ukrainischem Getreide seien wieder aufgenommen worden, meldet die russische Nachrichtenagentur RIA unter Berufung auf einen Vertreter des Außenministeriums in Moskau. Dieser machte demnach die Nichteinhaltung vereinbarter Verfahren durch die Ukraine für die Unterbrechung am Montag verantwortlich.
Die Ukraine hatte erklärt, die Vereinbarung zum Getreide-Export drohe zu scheitern, da Russland die Inspektionen der Frachter in türkischen Gewässern blockiert habe. Die Vereinten Nationen (UN) und die Türkei hatten das Abkommen vermittelt, das trotz des Krieges den sicheren Export ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer ermöglichen soll, um eine weltweite Nahrungsmittelknappheit zu vermeiden. (rtr)
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