piwik no script img

Archiv-Artikel

Otto Rehhagel fährt in Urlaub

HERTHA BSC Im finalen Spiel um den Klassenerhalt bei Fortuna Düsseldorf dürfen sich die Berliner keine Fehler mehr erlauben. Der Druck ist nach der Hinspielniederlage gewaltig

VON JOHANNES KOPP

Die Verzweiflung hat Hertha-Manager Michael Preetz in den vergangenen Monaten tiefe Furchen ins Gesicht gezeichnet. Und sollte Hertha BSC Berlin die 1:2-Hinspielniederlage heute bei Fortuna Düsseldorf nicht wettmachen können und in die 2. Liga absteigen, dann dürften diese weiter an Tiefe gewinnen. Schließlich stehen Preetz turbulente Wochen bevor. Am 29. Mai wird auf der Mitgliederversammlung ein neues Präsidium bestellt. Und ein polarisierendes Wahlkampfthema wird gewiss die Zukunft von Michael Preetz im Verein sein.

Aber so weit ist es noch nicht. Die Konzentration gilt erst einmal dem Duell gegen Düsseldorf (20.30 Uhr, ARD). Und Otto Rehhagel stellte einmal mehr unter Beweis, dass er ein großer Freund einfacher Botschaften ist: „Es gilt, im richtigen Moment die richtigen Dinge zu machen“, sagte der Hertha-Trainer. Fehler, wie man sie in der Saison so häufig begangen habe, dürfe man sich nun nicht mehr leisten. Möglicherweise hatte er aber dabei die jüngsten Ereignisse im Blick. Denn auch wenn die gegenwärtige Situation brisant genug ist, liefert Hertha dem Boulevard verlässlich seine bunten Schlagzeilen, weil eben nicht jeder im richtigen Moment das Richtige tut.

Am Sonntag ließ der Verein, der in den letzten Monaten die Alltagsarbeit im Abstiegskampf zur Geheimsache erklärt hatte, die Öffentlichkeit ausnahmsweise zum Training zu, und schon brachten die Protagonisten auf der Übungswiese eine bühnenreife Auseinandersetzung zur Aufführung. Änis Ben-Hatira, der sich im Kampf um den Ball zu unfair von Christian Lell bedrängt fühlte, versuchte, diesem einen Kopfstoß zu verpassen. Und auch wenn er sein Ziel verfehlte, war der aufgebrachte Lell kaum mehr zu beruhigen. Die Vereinsverantwortlichen wiegelten auch am Montag Nachfragen zu dem Zwist kategorisch ab. Rehhagel erklärte: „Das ist alles ausgeräumt. Es lohnt nicht, noch weiter über das Thema zu sprechen.“ Strafen wurden nicht verhängt.

Vor kurzem noch hatte der Klub Tunay Torun mit einer einwöchigen Verbannung aus dem Profiteam sanktioniert, weil er das Trainerteam verbal angegriffen hatte. Aber auf Ben-Hatira, der in den letzten Spielen ein belebendes Element bei Hertha war, kann man bei solch einem Schlüsselspiel kaum verzichten.

Zwei Tore müssen die Berliner bei einem Sieg mindestens erzielen, um nach der Niederlage im Hinspiel den Abstieg doch noch abwenden zu können. Preetz begründet seine Hoffnungen auf einen positiven Ausgang damit, dass Hertha in dieser Saison auswärts immer eine bessere Figur gemacht habe. Dabei vergisst er allerdings: Die Düsseldorfer werden sich nicht wie eine typische Heimmannschaft verhalten. Fortuna-Trainer Norbert Meier hat bereits angekündigt, genauso wie in Berlin auf eine Defensivtaktik zu vertrauen. Die Berliner werden wohl oder übel machen müssen, was ihnen nicht so liegt: die Initiative übernehmen.

Unabhängig vom Ergebnis wird am Dienstag mit dem Schlusspfiff auch die Ära von Otto Rehhagel zu Ende sein. Der Schwung, den man sich von seiner Verpflichtung erhofft hat, ist ausgeblieben. Das wird man auch im Falle des Erfolgs nicht schönreden können. Zu demonstrativ hat Rehhagel dieser Tage wieder deutlich gemacht, dass das Schicksal Herthas nicht an seinem guten Ruf kratzen kann. Auf die Bedeutung des Abstiegs für seine Person wollte er gar nicht eingehen. Stattdessen erklärte er: „Am Dienstag ist es für mich zu Ende, und dann fahre ich in den Urlaub.“

Auch die Hertha-Fans sind nur schwer zu motivieren. Obwohl der Klub auf seiner Homepage die Anhänger um den Trainingsbesuch am Sonntag anbettelte, um „den Spielern ein wichtiges Signal mit auf den Weg zu geben“, verloren sich auf dem Übungsgelände nur etwa 100 Fans.