: Nach Korruption: Personalwechsel in der Ukraine
Präsident Selenski hat Dutzende Beamte nach Korruptionsskandalen entlassen
Aus Kyjiw Anastasia Magasowa
Das ukrainische Ministerkabinett hat am Dienstag sechs stellvertretende Minister entlassen und fünf Leiter regionaler Militärverwaltungen gekündigt. Die Entlassungen und Rücktritte erfolgten nach einer Reihe von Korruptionsskandalen, die am vergangenen Wochenende die höchsten ukrainischen Ebenen erfassten, und wurden am Montagabend vom ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski verkündet.
Zwei stellvertretende Minister für kommunale und territoriale Entwicklung, der stellvertretende Minister für Sozialpolitik und der Vize-Verteidigungsminister verloren ihre Posten. Der stellvertretende Verteidigungsminister, Wjatscheslaw Schapowal, ist zurückgetreten, nachdem es Hinweise auf Veruntreuung in seiner Armeeversorgungsabteilung gab. Einer Recherche von Journalisten zufolge hatte das Ministerium geplant, Lebensmittel für das Militär zu einem überhöhten Preis zu erwerben.
Der ukrainische Verteidigungsminister, Oleksiy Resnikow, leitete eine interne Überprüfung ein und bat die Justizbehörden um Bewertung der veröffentlichten Informationen. Den Rücktritt Schapowals kommentierte das Ministerium wie folgt: „Der Rücktritt ist ein würdiger Akt in der Tradition europäischer und demokratischer Politik: Die Interessen der Verteidigung stehen höher als Ämter und Posten.“
Auch der stellvertretende Leiter des Präsidialamtes, Kyrylo Tymoschenko, der die ukrainische Regionalpolitik koordiniert, verlor seinen Posten. Selenski hatte ihn am 21. Mai 2019 ernannt, am Tag seiner eigenen Inauguration als Präsident der Ukraine.
Oleksiy Resnikow, Verteididungsminister
Nach Tymoschenko wurden die Leiter der Militärverwaltungen von fünf Regionen – Kyjiw, Dnipro, Saporischschja, Sumy und Cherson – entlassen. Vier der fünf Beamten gelten als Kyrylo Tymoschenko nahestehend. Außerdem steht der bisherige Chef der Region Dnipro wegen Korruption unter Verdacht.
Der stellvertretende Generalstaatsanwalt Oleksiy Symonenko trat ebenfalls zurück, nachdem in den Medien bekannt wurde, dass er über die Neujahrsfeiertage nach Spanien gereist war, um seine Familie zu besuchen. Umgehend kündigte Selenski einen neuen Beschluss des Nationalen Sicherheitsrates an: Ab sofort dürfen ukrainische Beamt:innen nur noch auf Geschäftsreisen ins Ausland reisen. „Dies gilt für alle Beamt:innen der Zentralregierung, aber auch für Beamt:innen aus verschiedenen Ebenen der lokalen Behörden – zum Beispiel für Ordnungskräfte, Abgeordnete, Staatsanwälte und für all diejenigen, die für den Staat und im Staat arbeiten müssen. Falls sie sich eine Auszeit gönnen wollen, dann wird sie außerhalb des Staatsdienstes sein müssen“, sagte Selenski dazu.
Gleichzeitig entschied sich das Oberste Antikorruptionsgericht der Ukraine am Dienstag für eine Präventivmaßnahme in Form von Untersuchungshaft für den ehemaligen stellvertretenden Minister für kommunale und territoriale Entwicklung, Wassyl Losinskyj, wegen Bestechung. Losinskyj wurde auf frischer Tat von Detektiven ertappt und festgenommen. Den Ermittler:innen zufolge soll er angeblich eine unrechtmäßige Belohnung von 400.000 US-Dollar (ca. 370.000 Euro) für den Kauf von Generatoren erhalten haben. Am Dienstagabend wird ein Gericht weitere Maßnahmen gegen ihn beschließen. Parallel sind die Ermittler:innen des Antikorruptionsbüros auf der Suche nach weiteren Beteiligten an diesem Korruptionsskandal.
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