Stefan Schaaf über die Republikaner in den USA
: Chaos als Programm

Das Drama um die sechsmal gescheiterte Wahl eines Speakers im Repräsentantenhaus zeigt eines: Die Republikaner sind zu einem politikunfähigen Haufen geworden. Unter den Abgeordneten gibt es eine kleine Minderheit, die das politische System ablehnt und sabotieren will.

Matt Gaetz aus Florida, einer dieser Abgeordneten, sagte: „Wenn du den Sumpf trockenlegen willst, darfst du den Job nicht dem größten Alligator übertragen.“ Washington sei „kaputt“, sagte Gaetz im selben Interview. Er und seine rund 20 Mit­strei­te­r:in­nen fordern von Kevin McCarthy weitreichende Zugeständnisse. Die gäben ihnen die Möglichkeit, bei Abstimmungen den Willen einer Mehrheit ihrer Parteikollegen zu sabotieren.

Natürlich ist vieles am politischen System der USA reformbedürftig, angefangen beim antiquierten System der Präsidentschaftswahl oder bei der Wahlkampffinanzierung. Aber darum geht es den Republikanern aus dem rechten „Freedom Caucus“ gar nicht.

Hier rächt sich, dass es in den USA keine festen Parteimitgliedschaften oder Ortsvereine gibt, und jeder für ein politisches Amt kandidieren kann, der eine bestimmte Zahl Unterschriften von Un­ter­stüt­ze­r:in­nen vorlegt. So konnten gut finanzierte rechtspopulistische und erzkonservative Kan­di­da­t:in­nen die Partei seit 2010 nach und nach in ihren Griff bekommen. Es begann unter Bill Clinton mit Newt Gingrich und der Tea Party und erreichte 2015 mit dem Aufstieg Donald Trumps die nächste Eskalationsstufe. Es geht diesen Kräften nicht mehr um politische Ziele, sondern zum einen um möglichst große Aufmerksamkeit und zum anderen um die Macht, so viel wie möglich von dem zu blockieren, was die Demokraten anschieben wollen.

Wer von den USA erwartet, die eigenen sozialen Probleme anzupacken, die Privilegien der Superreichen zu beschneiden, die marode Infrastruktur zu reparieren, die Einwanderung auf menschliche Weise zu regeln, ein faires und bezahlbares Gesundheitssystem einzuführen oder gar den Klimawandel zu bekämpfen, hat von dieser Chaostruppe, die sich einst „Grand Old Party“ nannte, endgültig nichts mehr zu erwarten.

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