Oberstes Gericht in Mexiko: Die Vorreiterin
Erstmals wird eine Frau Vorsitzende des Obersten Gerichts in Mexiko. Norma Lucía Piña gilt als Gegenspielerin von Präsident López Obrador.
![Eine Frau mit roten Fingernägeln und einer schwarzen Richterrobe vor einer mexikanischen Fahne Eine Frau mit roten Fingernägeln und einer schwarzen Richterrobe vor einer mexikanischen Fahne](https://taz.de/picture/6010109/14/31865461-1.jpeg)
„Es gibt sehr viel zu tun“, sagte Piña im November optimistisch in einem Gespräch mit der Zeitung El País und eröffnete eine Agenda, die hoffen lässt. Besonders die Gewalt gegen Frauen mache ihr große Sorgen, erklärte sie dort. Auch die Pressefreiheit, die Migration und die Umwelt seien ihr sehr wichtig.
Seit sie 2015 in den aus elf Personen zusammengesetzten Obersten Gerichtshof berufen wurde, hat die Juristin oft klar Stellung bezogen. Etwa mit Blick auf die Entkriminalisierung der Abtreibung, die Feministinnen in 8 von 32 Bundesstaaten durchsetzen konnten. Es sei nicht richtig, Schwangerschaftsabbrüche nur für Gewaltopfer zu legalisieren: „Damit sieht die Regelung eine Bestrafung des sexuellen Verhaltens von Frauen vor, und das ist verfassungswidrig.“
Keine Freundin des Präsidenten López Obrador
Präsident Andrés Manuel López Obrador dürfte über die Wahl nicht glücklich sein. Nicht nur weil seine Wunschkandidatin Yasmín Esquivel schnell aus dem Rennen geworfen wurde. Piña hat sich auch bei 15 von 18 Beschlüssen in den letzten drei Jahren gegen den Präsidenten gestellt. So sprach sie sich gegen eines seiner wichtigsten Projekte, die Energiereform, und gegen die umstrittene Präventivhaft aus.
Zu Piñas größten Erfolgen zählt ein Beschluss von 2016. Damals konnte sie durchsetzen, dass Organisationen und Einzelpersonen ihr Recht auf eine gesunde Umwelt einklagen können. Das Urteil dient heute als Grundlage für Klagen etwa gegen den „Tren Maya“ – ein Touristenzug-Projekt auf der Halbinsel Yucatán, das López Obrador sehr am Herzen liegt.
Sie wolle den Vorsitz nicht wegen der Macht übernehmen, sondern weil sie Idealistin sei, behauptet die Rechtsanwaltstochter von sich. Tatsächlich begann Piña ihre Karriere als Lehrerin einer „Escuela Normal“, einer jener Hochschulen, die der armen Bevölkerung eine Lehrausbildung ermöglichen.
Später graduierte sie an der Unam, der größten Universität Mexikos, um dann eine hochrangige juristische Stelle nach der anderen zu übernehmen. Ausgerechnet der wirtschaftsliberale Vorgänger López Obradors, Enrique Peña Nieto, nominierte sie 2015 für den Obersten Gerichtshof.
Sie selbst sieht sich als doppelte Repräsentantin. Zum einen vertrete sie die Richterinnen und Richter ihres Gremiums, zum anderen die weibliche Bevölkerung. „Ich danke allen, die immer daran glaubten und nie aufhörten, sich für Änderungen einzusetzen, die Stück für Stück unsere patriarchale Kultur zurückdrängen“, sagte sie nach ihrer Wahl.
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