: Ein vielseitiges Problem
In den USA sind am Wochenende fünf weitere Seiten mit Geheiminformationen im Privathaus von Präsident Biden aufgetaucht. Ein Sonderermittler nimmt sich der Sache an
Aus Washington Hansjürgen Mai
Fast täglich muss das Weiße Haus aktuell die Entdeckung von neuen Geheimakten bekannt geben. Für US-Präsident Joe Biden stellen die Aktenfunde aus seiner Vizepräsidentenzeit nicht nur ein Imageproblem dar, sie könnten auch politisch desaströse Folgen haben. Am Samstag teilte das Weiße Haus mit, dass weitere fünf Seiten mit Geheiminformationen im privaten Anwesen des Präsidenten in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware entdeckt worden seien. Es war die dritte solche Erklärung innerhalb der vergangenen Woche.
Biden, der seinen Vorgänger und dessen Umgang mit Geheimdokumenten öffentlich scharf kritisiert hatte, sieht sich nun mit ähnlicher Kritik konfrontiert. Hinzu kommt der Mangel an Transparenz vonseiten der Regierung. Zweimal veröffentlichte das Weiße Haus vergangene Woche Erklärungen, die sich später als nicht vollständig erwiesen. Sowohl das US-Justizministerium als auch die Republikaner im US-Kongress haben sich der Sache angenommen und verlangen Antworten.
Das Justizministerium verkündete am Donnerstag, einen Sonderermittler damit beauftragt zu haben, zu untersuchen, ob Biden oder mögliche andere Personen gegen Gesetze bezüglich des Umgangs mit Geheimakten verstoßen haben. „Die besonderen Umstände in diesem Fall setzen die Ernennung eines Sonderermittlers voraus. Die Ernennung soll verdeutlichen, dass sich das Ministerium in äußerst sensiblen Fällen zur Unabhängigkeit und Rechenschaftspflicht verpflichtet und Entscheidungen nur anhand von Fakten und Gesetz trifft“, sagte US-Justizminister Merrick Garland. Als Sonderermittler wurde der frühere Bundesstaatsanwalt Robert Hur vorgestellt. Dieser wird seine Untersuchungen in den kommenden Tagen offiziell aufnehmen. Garland gab auch gleich einen Überblick über den zeitlichen Ablauf und den bisherigen Erkenntnisstand.
Demzufolge informierte das Nationalarchiv das Justizministerium am 4. November, dass Dokumente mit der Markierung „classified“, also „geheim“, in einem Büro in Washington entdeckt wurden. Das fragliche Büro befindet sich im Penn Biden Center, einem politischen Thinktank, der nach Joe Biden benannt ist und nur knapp eine Meile vom Weißen Haus entfernt liegt.
Nachdem das FBI die Dokumente begutachtet hatte, begann das Justizministerium mit vorläufigen Untersuchungen. Am 20. Dezember setzte Bidens privater Anwalt dann das Ministerium in Kenntnis, dass weitere Geheimunterlagen in einer Garage in Wilmington gefunden wurden. Die Garage ist Teil des privaten Anwesens des Präsidenten. Im selben Anwesen wurden auch weitere Geheimakten gefunden. Dies wurde von Bidens Anwalt am Donnerstag bestätigt. Am Samstag folgte dann die Bestätigung des bislang letzten Funds. In der Stellungnahme des Weißen Hauses hieß es, dass die fünf Seiten in Bidens Haus bereits am Donnerstag entdeckt worden seien.
Biden selbst erklärte bislang nur, dass er mit den Ermittlern vollständig kooperieren werde und dass er den Umgang mit Geheimakten äußerst ernst nehme. Auf die Frage eines Journalisten, was er sich dabei gedacht habe, geheime Dokumente neben seinem Oldtimer, einem Corvette Stingray Cabrio, aufzubewahren, sagte Biden: „Meine Corvette befindet sich in einer verschlossenen Garage. Es ist nicht so, als würde sie auf offener Straße stehen.“
Für Ex-Präsident Donald Trump und die Republikaner war die Ernennung eines Sonderermittlers eine willkommene Nachricht. Besonders Trump dürfte am Vorwurf der unsachgemäßen Handhabung von Geheimdokumenten Gefallen finden, schließlich untersucht ein vom US-Justizministerium beauftragter Sonderermittler auch ihn in diesem Zusammenhang. Noch vor Beginn der Pressekonferenz des Justizministers meldete sich Trump zu Wort: „Merrick Garland muss die Sonderermittler-Untersuchung gegen mich sofort einstellen, da ich alles richtig gemacht habe“, schrieb Trump.
Die neue republikanische Mehrheit im US-Repräsentantenhaus hat bereits Untersuchungen zu Bidens Umgang mit Geheimakten angekündigt. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Turner, forderte die US-Geheimdienste auf, umgehend eine Schadensfeststellung durchzuführen.
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