Wiederholung der Wahl auf dem Prüfstand

Die Wahl von 2021 soll Mitte Februar komplett wiederholt werden. Dagegen wehren sich rund 40 Klä­ge­r*in­nen vor dem Bundesverfassungsgericht

Die Kläger argumentieren, die bekannten Pannen würden eine komplette Wiederholung nicht rechtfertigen

Die Komplettwiederholung der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im Februar wird zum Fall für das Bundesverfassungsgericht. Dort ging am Freitag eine Verfassungsbeschwerde samt Eilantrag ein, wie ein Sprecher auf Anfrage sagte. Dahinter stehen nach seinen Worten 43 Klägerinnen und Kläger, die sich gegen das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs vom 16. November wenden.

Die Landesverfassungsrichter hatten die Wahl vom 26. September 2021 wegen der vielen Pannen insgesamt für ungültig erklärt. Als Termin für die Neuwahl, die auch die zwölf Bezirksparlamente betrifft, hat der Landeswahlleiter den 12. Februar 2023 bestimmt. Anders als bei der Bundestagswahl ist der Gang nach Karlsruhe hier nicht als reguläres Rechtsmittel vorgesehen. Wie gegen jede andere Gerichtsentscheidung auch können Betroffene aber Verfassungsbeschwerde einlegen. Die Frist dafür beträgt einen Monat – am Freitag war also letzte Gelegenheit.

Bereits unmittelbar nach der Entscheidung des Berliner Verfassungsgerichts hatten nach taz-Informationen Abgeordnete diesen Schritt erwogen. Ihr Argument: Lediglich bei einem Bruchteil der abgegebenen Stimmen – etwa 20.000 – sei es bekanntermaßen zu Pannen gekommen; es sei nicht verhältnismäßig, wenn deswegen nun in allen Wahlbezirken die Wahl wiederholt werden müsste.

Das Berliner Verfassungsgericht argumentierte hingegen, dass unklar sei, wie umfassend die Pannen gewesen seien, und daher sei der Vertrauensverlust in die Wahl so groß, dass diese wiederholt werden müsse. Zudem seien selbst die Fehler in dem bekannten Ausmaß möglicherweise mandatsrelevant gewesen, hätten also Auswirkungen auf die Verteilung der Sitze haben können.

Nach Angaben des Berliner Verfassungsgerichtshofs vom Tag der Verkündung haben „etwaige außerordentliche Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung“. Zum weiteren Ablauf in Karlsruhe konnte der Sprecher des Bundesverfassungsgerichts zunächst nichts sagen.

Die ebenfalls pannenreiche Bundestagswahl in Berlin vom selben Tag soll nur in bestimmten Bezirken wiederholt werden, in denen es nachgewiesene Probleme gab. Das hatte der Bundestag auf Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses am 10. November beschlossen.

Dass diese Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht überprüft wird, steht nach dem Eingang erster Wahlprüfungsbeschwerden schon fest. Die Frist hierfür läuft bis zum 10. Januar, bis Freitag waren laut Sprecher sechs Beschwerden eingegangen. Auch die Fraktionen von Union und AfD hatten jeweils eine eigene Wahlprüfungsbeschwerde angekündigt. Sie wollen eine breitere beziehungsweise vollständige Wiederholung der Wahl.

Die Wahlen waren damals in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen. Es gab lange Schlangen und teils stundenlange Wartezeiten, falsche oder fehlende Stimmzettel, weswegen Wahllokale vorübergehend schließen mussten. Vielerorts blieben sie bis weit nach 18 Uhr geöffnet, um den Wartenden noch die Stimmabgabe zu ermöglichen. (dpa, taz)