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Ägyptischer Klimaforscher über sein Land„Schützen, was wir haben“

Der Klimagipfel findet am Roten Meer statt. Ein ägyptischer Forscher erklärt, warum das Ökosystem wichtig ist – und warum er das aus Tokio erforscht.

Schützenswert: Korallen vor der Küste des Weltklimakonferenz-Austragungsorts Scharm al-Scheich Foto: Sergey Dolzhenko/dpa
Jelena Malkowski
Interview von Jelena Malkowski

taz: Zurzeit wird auf der Weltklimakonferenz COP 27 die Zukunft des Weltklimas in Scharm al-Scheich am Roten Meer verhandelt. Wie bedeutsam ist das Meer ökologisch?

Ahmed Eladawy: Das Rote Meer ist ein thermisches Refugium – Korallen können hier also bei einer gewissen globalen Erwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts mit größerer Wahrscheinlichkeit überleben als an anderen Orten der Welt. Um das zu erhalten, muss jedoch viel für seine Erhaltung getan werden. Denn es gibt einen thermischen Schwellenwert für das Ausbleichen der Korallen, aber wenn wir das Rote Meer verschmutzen, wäre der schon früher.

Woran genau forschen Sie?

Ich forsche an dem Ökosystem des Roten Meeres unter dem Einfluss mehrerer Stressfaktoren – menschlicher Einfluss, Verschmutzung und die Auswirkungen der globalen Erwärmung. Ich kartiere das Gebiet des Roten Meeres im Detail, damit wir genau beurteilen können, wie sich Umweltstressoren wie Verschmutzung oder sogar eine Ölpest auf die Region auswirken könnten.

Welche Probleme gibt es im Roten Meer?

Ägypten ist das Land mit den meisten Einnahmen aus dem Korallentourismus in der Welt, aber das gesamte Ökosystem von Land und Meer in diesem Gebiet muss geschützt werden. Es ist sehr schwierig, unter dem Druck der boomenden Tourismusindustrie ökologische Schutzrichtlinien umzusetzen. Wir versuchen daher, die ökologische Entwicklung in diesem Gebiet mit der boomenden Industrie durch solides technisches Verständnis in Einklang zu bringen.

Was muss getan werden, um das Gebiet zu schützen?

Zunächst einmal brauchen wir eine sehr transparente Datenerfassung und Datenverarbeitung zwischen Regierung und Forschenden. Und zweitens brauchen wir Mindestrichtlinien für die gesamten Küstengebiete – so wie es sie in Europa oder den USA gibt – je nach den spezifischen örtlichen Gegebenheiten und Bedürfnissen.

Wir können die industrielle Entwicklung nicht aufhalten, aber zumindest die Gebiete schützen, die am wichtigsten und schutzbedürftigsten sind. Mit einer detaillierten Kartierung des Gebietes könnten wir diese definieren und dafür plädieren, aber im Moment geschieht das Gegenteil: Die industriellen Investoren suchen sich die reichhaltigsten Gebiete aus.

Sie forschen als Ägypter von Tokio aus über das Rote Meer. Warum?

Wir haben eine Menge Forschung vor Ort, aber uns fehlt die sehr gut organisierte Simulationseinrichtung für das Rote Meer. Und in Tokio haben wir einen extrem leistungsfähigen Supercomputer, den wir für diese Simulation nutzen können. Es ist also von entscheidender Bedeutung, das globale Wissen mit der lokalen Forschung zum Roten Meer zu verknüpfen.

Wie ist der Stand der Klimaforschung in Ägypten?

Wir haben sehr talentierte For­sche­r*in­nen in und aus Ägypten, deren Berichte auch in den IPCC-Berichten zitiert werden. Aber es gibt immer noch einige Lücken bei multidisziplinärer Forschung und der Finanzierung. Außerdem müsste sich der Datenaustausch zwischen den Behörden und unseren Forschungsergebnissen verbessern. Wir brauchen also vollen Zugang zu den Details der geplanten Projekte in ganz Ägypten.

privat
Im Interview: Ahmed Eladawy

ist ägyptischer Umweltforscher und Ozeanograf. Derzeit forscht er am Tokyo Institute of Technology zu Korallenriffen im Roten Meer.

Warum werden die Daten noch nicht zwischen Regierung und Wis­sen­schaft­le­r*in­nen ausgetauscht?

Das liegt wahrscheinlich vor allem an Interessenkonflikten. Das ist ein großes Problem in Ägypten: Wir sollten Forscher mit ausreichenden Mitteln unterstützen, damit sie unsere Umwelt unabhängiger erforschen können, aber das Umweltministerium hat hier wenig Macht.

Wir haben in Ägypten eine wirklich reichhaltige Umwelt, die auch CO2 bindet. Es ist wichtig, dass wir nicht nur in grüne Technologie investieren, sondern das bewahren, was wir bereits haben. Dies könnte nicht nur für Ägypten, sondern auch für die weltweiten Bemühungen zur Eindämmung des Klimawandels von großem Wert sein.

Sieht die ägyptische Bevölkerung das auch so?

Viele Land­wir­t*in­nen und Fi­sche­r*in­nen in Ägypten spüren die Auswirkungen des Klimawandels jetzt schon. Sie brauchen also niemanden, der ihnen sagt, dass der Klimawandel existiert. Was sie aber brauchen, ist eine Beteiligung an den Anpassungs- und Schutzmaßnahmen. Wir brauchen mehr dezentralisierte Systeme für die Bewirtschaftung lokaler Ressourcen und des Wassers. Ja, wir haben Probleme im Roten Meer, aber wenn wir die Menschen vor Ort mit einbeziehen, würde sich das Problem viel weniger verschärfen.

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