: Wider die Exklusivität
Gerade in Zeiten multipler Krisen und Angriffen auf die Demokratie dürfen Information und Meinungsbildung nicht zum Privileg werden
Gute Nachrichten? Sind manchmal gar keine. Etwa die, dass der Arbeitsmarkt für Journalist:innen derzeit so viel Angebot vorhält wie nie. Die mediale Transformation lässt neue Projekte sprießen: vor allem digitale Newsletter, für die experimentierfreudige Verleger:innen großzügig in – etablierte – Journalist:innen investieren, die sie aus weniger privilegierten Redaktionen abwerben. Einige langjährige Kolleg:innen haben die taz dorthin verlassen. Ihre klugen Artikel stecken nun hinter Bezahlschranken – für ein entsprechend vermögendes Publikum. Das ist das gute Recht dieser schmerzlich vermissten Ex-tazler:innen – und es kann viele persönliche Gründe geben, sich in einem solchen neuen Raum auszuprobieren.
Aber es gibt mindestens genauso viele Gründe, sich dieser Exklusivität zu verweigern. Die taz funktioniert auch deshalb, weil sie offen ist, ihre Artikel allen zur Verfügung stellt, die interessiert sind. Wenn Leser:innen dafür zahlen wollen und können: sehr, sehr gern, immer her mit dem Geld! Als Autor:innen und Redakteur:innen mögen wir es, wenn unsere Arbeit wertgeschätzt wird. Und wir brauchen jeden Cent.
Aber abgesehen davon wollen wir, dass uns alle lesen können. Wo demokratische Prinzipien nicht mehr selbstverständlich sind, Pandemie, Krieg und ihre Folgen die soziale Spaltung vorantreiben, die sozial-ökologische Transformation unabhängiger Kontrolle und Vermittlung bedarf, dürfen Information und Meinungsbildung nicht zum Privileg von Einkommensstärkeren und Vermögenden werden.
Dafür haben wir in der taz ein wunderbares, gar nicht so neues Prinzip: Es heißt Solidarität. Sie spiegelt sich in unseren Bezahlmodellen wider. Und sie ist natürlich auch das Grundprinzip der Genossenschaft. Sie bildet das finanzielle Rückgrat der taz und sichert ihre Unabhängigkeit: Verkauf an einen Verleger oder auch Eingriffe ins redaktionelle Geschäft ausgeschlossen, dass Genoss:innen sich einbringen in die unternehmerischen Entscheidungsprozesse durchaus erwünscht. Formell geht das auf den jährlichen Genossenschaftsversammlungen, informell auf vielen Ebenen im direkten Austausch mit tazler:innen.
Jenseits des Solidaritätsgedankens ist auch dieses ganz konkrete Netzwerk schon ein Grund, Mitglied zu werden. Viele kleine Öko-Unternehmen, die nicht wachsen wollen, aber genau deswegen spannend sind, wären mir ohne die Hinweise von Genoss:innen nicht untergekommen. Und wo findet man sonst Finanzbeamt:innen, Lehrer:innen, Privatiers, Jurist:innen oder Ökonom:innen, mit denen man sofort eine gemeinsame Ebene hat? Meine ganz persönliche Hitliste der Begegnungen führt allerdings der schwerkranke, bis zum letzten Moment engagierte Genosse an, der mich in meiner taz-Anfangszeit mit dem Auto mitnahm. Er hatte, was damals neu war: ein Navi, dem er so wenig traute wie ich seiner Ortskenntnis. Unter heftigen Diskussionen über Regionaljournalismus schafften wir den Weg in der dreifachen Zeit über die Dörfer – und blieben bis zum Schluss in Kontakt. Seltsam, was manchmal so hängen bleibt.
Oder auch nicht. Bei den aktuellen multiplen Krisen braucht es guten Journalismus und politische Weichenstellungen. Es braucht aber auch Menschen, Begegnungen, solidarischen Einsatz. Netzwerke. Die taz-Genossenschaft. Probieren Sie es aus, machen Sie mit! Unterstützen Sie unabhängigen, nichtexklusiven Journalismus und werden Sie Teil des Modells. Wir sehen uns!
Ihre
Beate Willms
Ressortleiterin Wirtschaft und Umwelt
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