Wahl ohne Volksentscheid

Innensenatorin Spranger (SPD) will den Klima-Volksentscheid wohl nicht am Wahltag 12. Februar abhalten. Die Initiative Klimaneustart Berlin warnt davor und spricht von einer Behinderung der direkten Demokratie

Von Bert Schulz
und Erik Peter

Kaum ist der Jubel der Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen über das erfolgreiche Volksbegehren verklungen, kommt ein Dämpfer aus der Senatsinnenverwaltung von Iris Spranger (SPD). Sie will offensichtlich die Abstimmung nicht parallel zur Wahlwiederholung abhalten. Ein gemeinsamer Termin sei „unwahrscheinlich“, sagte ihr Sprecher Thilo Cablitz der taz. Die Entscheidung über den Termin trifft der Senat.

Die Initiative Klimaneustart Berlin hatte am Dienstag bekannt gegeben, dass sie rund 260.000 Unterschriften für ihren Volksentscheid gesammelt habe. Am Mittwoch hatte das Berliner Verfassungsgericht die Wahl zum Abgeordnetenhaus von 2021 für ungültig erklärt. Sie wird nun am 12. Februar 2023 wiederholt.

Da dieser Termin bereits vor der Entscheidung im Raum stand und laut Berliner Verfassung nach einem erfolgreichen Volksbegehren „innerhalb von vier Monaten ein Volksentscheid herbeigeführt werden muss“, waren Klimaneustart Berlin und viele andere davon ausgegangen, dass Wahl und Entscheid zusammen stattfinden werden. Auch Landeswahlleiter Stephan Bröchler hatte dies so gesehen: Auf taz-Nachfrage erklärte er Mitte Oktober, was passiere, wenn das Volksbegehren erfolgreich sei: „Dieser Entscheid wird dann auch am Wahltag abgestimmt. Darauf müssen wir uns einstellen.“

Das versucht die Innenverwaltung nun offenbar zu verhindern, mit Verweis auf die schwierige Vorbereitung einer weiteren Abstimmung, für die etwa noch keine Unterlagen gedruckt sind. „Die zusätzliche Organisation des Volksentscheids wäre in der Kürze eine enorme Herausforderung, allein wenn man an Lieferketten für die Stimmzettel denkt“, so Cablitz weiter.

Der Senat ist laut Gesetz nicht verpflichtet, Abstimmung und Wahl auf einen Tag zu legen. Eine Abstimmung an einem Tag ohne weitere Wahl reduziert die Beteiligung deutlich; die Gefahr steigt, dass der Volksentscheid am Quorum scheitert: Ein Viertel der Ber­li­ne­r*in­nen muss mindestens zustimmen. Sind beide Termine getrennt, muss es – voraussichtlich bis Ende März – einen weiteren Abstimmungstermin zusätzlich zum 12. Februar geben.

Jessamine Davis, Sprecherin von Klimaneustart Berlin, sagte zur taz: „Wir erwarten ganz klar, dass beide Termine zusammengelegt werden.“ Die Trennung von Wahl und Abstimmung würden doppelte Arbeit, höhere Kosten und mehr Aufwand für die Bür­ge­r:in­nen bedeuten. „Das wäre eine Behinderung der direkten Demokratie, die das Vertrauen in die Demokratie beschädigt“, so Davis.