Südkoreanische Popband BTS: Boygroup geht zum Militärdienst
Südkoreas erfolgreichste Popgruppe BTS pausiert für ihren Wehrdienst. Zuvor war über eine Ausnahmeregelung für sie jahrelang debattiert worden.
Damit hat BTS den Schlusspunkt für eine Debatte gesetzt, die Südkoreas Medien und das Parlament jahrelang beschäftigt hat. Das gesamte Land fragte sich, ob man den Rekordmusikern eine Ausnahme gestatten soll für die mindestens anderthalb Jahre dauernde Wehrpflicht.
Tatsächlich scheinen die bisherigen Regeln willkürlich und aus der Zeit gefallen. Leistungssportler müssen etwa ihren Dienst an der Waffe nicht antreten, wenn sie bei Olympischen Spielen eine Medaille gewinnen. Auch klassische Musiker und Spitzenforscher werden in Einzelfällen von der Regelung ausgenommen, wenn sie das nationale Prestige erhöhen.
Dabei steht außer Frage, dass seit Jahrzehnten niemand stärker zur globalen Bekanntheit Südkoreas beigetragen hat als die BTS-Mitglieder: Seit knapp drei Jahren generiert niemand mehr Musikverkäufe, laut Schätzungen haben die Jungs allein im Jahr 2020 über 50 Millionen Dollar eingenommen.
BTS wirbt für Südkorea vor der UN-Vollsversammlung
Dabei unterstützen sie Südkoreas gesamte Volkswirtschaft, die erfolgreich auf der K-Pop-Welle surft. So sorgt die Band nicht nur dafür, dass zuhauf junge Touristen nach Seoul reisen wollen, koreanische Kosmetik kaufen und sich Filme vom Land am Han-Fluss anschauen. Auch der indirekte Imagegewinn für Südkorea ist unbezahlbar, wenn etwa BTS vor der UN-Generalversammlung in New York auftritt.
Doch vor allem das derzeit regierende konservative Lager hatte darauf gepocht, dass die Musiker keine Ausnahme erhalten. Der Wehrdienst ist in Südkorea schließlich wegen des Konflikts mit Nordkorea eine hochsensible Angelegenheit.
Wenn alle paar Monate bekannt wird, dass ein Schauspieler oder Sohn eines Konzernvorstandes die Wehrpflicht umgeht, indem er zuvor eine ausländische Staatsbürgerschaft ergattert hat, zieht dies wochenlange negative Presse nach sich und kann Karrieren zerstören. Insofern könnte der Move von BTS durchaus auch geschäftlich profitabel sein.
Die Einnahmen dürften auch in den nächsten zwei Jahren nicht versiegen. Denn das Label hat sich schon auf die Abwesenheit der Sänger vorbereitet und dürfte bald vorproduzierte Videos und Merchandiseprodukte lancieren.
Das Geschäftsmodell von K-Pop funktioniert ähnlich wie Investmentbanking: Ein Label castet Bandmitglieder schon im zarten Jugendalter, steckt große Summen in deren Gesangs- und Tanzausbildung sowie Sprachunterricht und Medienmanagement. Erst Jahre später entscheidet sich, ob das bis ins letzte Detail durchgestylte Gesamtprodukt die erhofften Gewinne abwirft.
BTS sprengt Konventionen des durchgestylten K-Pops
Doch die Boyband BTS hat von Beginn an die Konventionen des K-Pop gesprengt. Die sieben Männer waren vor ihrer Popkarriere teilweise als Underground-Rapper unterwegs, schreiben bis heute ihre Songs selbst, feilen bei der Produktion mit und verzichten bei vielen Live-Auftritten auf Playback.
Zudem meiden sie keine gesellschaftskritischen oder Tabuthemen: So setzt sich BTS in ihren Lyrics für psychische Gesundheit ein, prangert den immensen Leistungsdruck in Südkorea an und kritisiert die strengen Gesellschaftskonventionen.
Die extrem loyalen BTS-Fans, auch als „Army“ bekannt, reagierten zunächst enttäuscht, äußerten dann jedoch ihre Unterstützung: „Ich bin immer noch untröstlich, aber sehr stolz auf die Entscheidung, die sie getroffen haben“, schrieb ein Fan. Ein anderer erklärte: „Es ist eine große Ehre für BTS, ihrem Land nicht nur als Entertainer zu dienen, sondern auch als Staatsbürger.“
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