: Unvergessliche Tennisnacht
Carlos Alcaraz, 19, zieht nach spektakulärem Spiel gegen Jannik Sinner ins Halbfinale der US Open ein
Als um 2.50 Uhr Ortszeit auch das späteste Spiel der US-Open-Geschichte ein Ende gefunden hatte, fielen sich die beiden Tennisprofis Carlos Alcaraz und Jannik Sinner völlig entkräftet in die Arme. Von den Fans im Arthur Ashe Stadium, die zuvor in 5:15 Stunden komplett auf ihre Kosten gekommen waren, gab es Standing Ovations. Das dramatische Viertelfinalspiel in der Nacht zu Donnerstag beim letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres wird nicht nur wegen seiner späten Uhrzeit unvergessen bleiben.
Die beiden Jungstars lieferten sich einen finalwürdigen, ja fast schon epischen Schlagabtausch mit vielen brillanten Ballwechseln und fesselnder Spannung. So einen Auftritt hatte die Tenniswelt auch nur ganz selten von den „Big Three“ Rafael Nadal, Novak Djokovic und Roger Federer gesehen. Am Ende zwang der 19 Jahre alte Spanier Alcaraz den zwei Jahre älteren Italiener Sinner mit 6:3, 6:7 (7:9), 6:7 (0:7), 7:5 und 6:3 in die Knie. Riesigen Applaus bekamen aber beide.
„Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, wie ich das geschafft habe“, sagte Alcaraz nach seinem ersten Halbfinaleinzug bei einem Grand-Slam-Turnier, für den er extrem viel aufwenden und sogar einen Matchball gegen sich abwehren musste: „Du musst immer an dich selbst glauben. Die Hoffnung darf man immer erst als Letztes verlieren.“
Geholfen habe die Unterstützung der Zuschauer, erklärte der Weltranglisten-Vierte: „Die Energie, die ich um drei Uhr früh auf dem Platz gespürt habe, war unfassbar. Bei anderen Turnieren, auf anderen Plätzen wäre jeder wahrscheinlich nach Hause zum Schlafen gegangen.“
Alcaraz lobte in seiner Siegesrede auf dem Platz auch Gegner Sinner für den packenden, aber stets fairen Kampf: „Er ist ein großartiger Spieler, sein Level ist einfach unglaublich.“ Den niedergeschlagenen Südtiroler konnte das wenig trösten. „Ich hatte schon ein paar schwere Niederlagen, aber das kommt nach ganz oben auf die Liste“, sagte Sinner traurig, „ich denke, das wird eine Weile wehtun.“
Alcaraz, der erst um 3.45 Uhr nach dem Ende der Pressekonferenz zurück ins Hotel fahren konnte, ist damit jüngster Grand-Slam-Halbfinalist seit Landsmann Rafael Nadal (2005 bei den French Open). Zudem wahrte er die Chance, nach dem Turnier die Führung in der Weltrangliste zu übernehmen.
Alcaraz trifft im Halbfinale am Freitag auf Frances Tiafoe. Der 24-Jährige gewann 7:6 (7:3), 7:6 (7:0), 6:4 gegen den Russen Andrej Rubljow und zog beim Heimturnier als erster US-Amerikaner seit Andy Roddick 2006 in die Runde der besten Vier ein. Im zweiten Halbfinale stehen sich der Norweger Casper Ruud und der Russe Karen Chatschanow gegenüber.
„Er hat viel Selbstvertrauen im Moment, und der Ort ist für ihn auch ein besonderer“, sagte Alcaraz über Tiafoe. Er erwarte ein „Top-Match“ – doch sein Viertelfinale gegen Sinner wird nur schwer zu toppen sein. (dpa)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen