Umgang des Kreml mit Kri­ti­ke­r*in­nen: Für ein anderes Russland

Immer weiter schränkt Russland kritische Berichterstattung ein. Die EU muss für Jour­na­lis­t*in­nen offen bleiben, damit sie im Exil wirken können.

Dmitri Muratow tritt durch eine Tür in den Gerichtssaal.

Nowaja Gaseta-Gründer Dmitri Muratow tritt in einem Moskauer Gerichtssaal am 5. September Foto: Alexander Zemlianichenko/ap

Dass Medien in Russland, die nicht die staatliche Propaganda nachbeten, als „ausländische Agenten“ massiven Repressionen ausgesetzt sind, ist längst Alltagsgeschäft. Doch der Kreml setzt immer noch einen drauf. Im Fall des früheren Medienmachers Iwan Safronow kam jetzt die ganz große Keule zum Einsatz: 22 Jahre Lagerhaft unter verschärften Bedingungen wegen Staatsverrats – Josef Stalin lässt grüßen.

Kremlsprecher Dmitri Peskow fiel dazu nur der Hinweis ein, es handele sich um ein Gerichtsurteil, das er nicht zu kommentieren habe. Zynischer geht es nicht. Auch bei der oppositionellen Zeitung Nowaja Gazeta und ihrem Chefredakteur und Friedensnobelpeisträger von 2021, Dmitri Muratow, heißt die Devise nach- beziehungsweise tottreten. Anfang dieser Woche wurde dem Blatt, das sein Erscheinen schon eingestellt hat, die Drucklizenz entzogen.

Einen Tag später war das Nachfolgeprodukt Nowaja Rasskaz-Gazeta, dessen Webseite blockiert ist, ebenfalls fällig. Die Medienaufsichtsbehörde Rozkomnadsor ließ die Registrierung annullieren. Als Grundlage für diese absurden Manöver dienen im „Rechtsstaat“ von Wladimir Putin mehrere neue Gesetze.

Sie verbieten, den Krieg gegen die Ukraine als solchen zu bezeichnen und stellen die Diskreditierung der russischen Armee sowie, im Zusammenhang damit, die „Verbreitung von Falschnachrichten“ unter Strafe. Aus Sicht der Machthaber ist das verständlich angesichts der Tatsache, dass die russischen Truppen im Kampf gegen die ukrainischen Fa­schis­t*in­nen nicht die gewünschten Ergebnisse liefern.

Doch der Kreml sollte weder seine Kri­ti­ker*in­nen noch das Internet unterschätzen. Viele russische Jour­na­lis­t*in­nen haben ihr Land verlassen und setzen ihre Tätigkeit im Exil fort. Das sei auch all jenen Po­li­ti­ke­r*in­nen in westeuropäischen Staaten gesagt, die sich in Visadebatten verzetteln und bedrohte Jour­na­lis­t*in­nen an den Grenzen abweisen. Das ist fatal. Gerade diejenigen, die für ein anderes Russland eintreten, brauchen unser aller Unterstützung – jetzt sofort, ohne Wenn und Aber.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

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