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Drei in einer Reihe sollt ihr sein

Noch vor ein paar Jahren spielten alle Bundesligisten mit einer Viererkette in der Defensive. Jetzt ist die Dreierkette en vogue. Sie kommt vor allem offensivstarken Außenbahnspielern zugute

Von Frank Hellmann

Die Debatte wird in Bremen gar nicht mehr geführt. In welcher taktischen Formation der SV Werder das Bundesliga-Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund (Samstag 15.30 Uhr) angeht, war keine Frage wert bei der Pressekonferenz. Genauso klar wie die Rollenverteilung ist für Trainer Ole Werner vorab auch das System: Dreierkette hinten, Doppelsturm vorne. Die 3-5-2-Grundordnung scheint in erster und zweiter Liga gesetzt. Und gehört zu Werder und Werner wie Roland und Stadtmusikanten zu Bremen. Dabei hat der Fußballlehrer in seiner erfolgreichen Zeit bei Holstein Kiel vorwiegend mit Viererkette agiert.

Doch inzwischen hat der 34-Jährige umgedacht: Man fühle sich grundsätzlich mit dieser Grundordnung sehr wohl, erklärt Werner, „weil wir glauben, dass die Abläufe relativ klar sind und zu den Stärken der Spieler passen.“ Mit seinem Faible ist der jüngste Coach der Liga in guter Gesellschaft. Am zweiten Spieltag hat die Hälfte aller Bundesligisten mit einer Dreierkette verteidigt: Auch RB Leipzig, Eintracht Frankfurt, Hoffenheim, der VfB Stuttgart, der FC Augsburg, Mainz 05, Union Berlin und der VfL Bochum agierten in dieser Aufstellung.

Dieser Trend hat sich erst in den letzten Jahren entwickelt: 2017/2018 spielten am zweiten Spieltag sieben Klubs (VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen, SC Freiburg, FC Schalke 04, Werder, Stuttgart und Frankfurt) mit Dreierkette, fünf Jahre zuvor aber bevorzugten zum Saisonstart alle 18 Bundesliga-Trainer – von Mirko Slomka über Bruno Labbadia bis Jupp Heynckes – ein System mit Viererkette. Die Dreierkette war weit weg, weil ein Konstrukt, auf das bis auf Ausnahmen wie Juventus Turin nur wenige internationale Topvereine bauten. Heute setzt auch die Bundesliga zur Hälfte auf die durch eine Dreierkette vermittelte Stabilität, wobei für Werner viel wichtiger ist, „wie ein System interpretiert wird“. Die Aufstellung auf dem TV-Bildschirm sei das eine, die Auslegung auf dem Platz das andere.

„Es gibt große Unterschiede: Stehst du am Ende hinten wirklich zu dritt und deckst die ganze Breite des Platzes ab, dann ist die Dreierkette sogar die riskantere Art zu verteidigen. Oder bist du hinten zu fünft und hast einen Mann mehr.“ Der Vorteil der Dreierkette liegt für den gebürtigen Schleswig-Holsteiner auf der Hand. Nämlich, „dass du einen Spieler mehr zur Torverteidigung im zentralen Bereich hast“. Für ihn ist das aber nicht zwangsläufig die defensivere Variante: „Ich kann auch im 3-5-2 hoch anlaufen und Bälle gewinnen und genauso die Räume besetzen und vernünftigen Ballbesitzfußball spielen.“

Deswegen müsse auch nicht von Woche zu Woche das System getauscht werden. Hier sieht der Werder-Trainer die größte Veränderungen in den vergangenen Jahren, „als beim Gegner noch vier, fünf Grundordnungen denkbar waren.“ Am flexibelsten und damit am unberechenbarsten wirkt aktuell Julian Nagelsmann mit dem FC Bayern, der gerne während eines Spiels die Statik verändert – vor allem wegen seines offensivstarken Linksverteidigers Alphonso Davies. Welche Schlüsselrolle solche Außenspieler bekleiden, zeigt Filip Kostić.

„Ich kann auch mit einem 3-5-2 hoch anlaufen, Bälle gewinnen und genauso die Räume besetzen undeinen vernünftigen Ballbesitzfußball spielen“

Ole Werner, Trainer von Werder Bremen

Der dynamische Linksfuß entfaltet seine Stärken am besten, wenn er die ganze linke Bahn bearbeitet – deshalb schwenkte Oliver Glasner nach Amtsantritt bei Eintracht Frankfurt nach einem missglückten Einstieg mit Viererkette schnell wieder auf Dreierkette um. Nun wird nach dem Kostić-Verkauf zu Juventus vor dem Heimspiel gegen den 1. FC Köln (Sonntag 15.30 Uhr) die Rolle rückwärts erwogen, weil der im Tausch aus Turin gekommene Luca Pellegrini („Ich bin daran gewöhnt, defensiv zu spielen“) ein klassischer Linksverteidiger ist.

Auf die Dreierkette setzen aus voller Überzeugung Trainer wie Urs Fischer (Union Berlin) und Bo Svensson (FSV Mainz 05): Der Schweizer und der Däne bauen ihre Mannschaften wie ein Haus: erst ein solides Fundament, dann kommt der Rest obendrauf. In beiden Teams sind die Außenbahnspieler bei gegnerischem Ballbesitz tief postiert, um sich dann am schnellen Umschaltspiel zu beteiligen. Doch was herauskommen kann, wenn sich Mannschaften in dieser identischen Grundordnung begegnen, war vergangenen Sonntag zu besichtigen. „Ein sehr zähes Spiel zweier Mannschaften, die sich neutralisiert haben“, fasste Fischer die Nullnummer zusammen. Luft zum Atmen hatte niemand mehr; freie Räume gab es keine.

Nun kommt RB Leipzig zum Topspiel (Samstag 18.30 Uhr) in die Alte Försterei; und auch Domenico Tedesco setzt beim DFB-Pokalsieger auf eine Dreierkette, die allerdings gerne deutlich höher aufrückt – und damit dem Gegner auch mehr Räume gibt. Das eröffnete Fischers Elf in der Vorsaison die Option, den Champions-League-Teilnehmer in der Liga zweimal auszukontern (2:1, 2:1). „Ich glaube, dass wir eine Entwicklung gemacht haben, und dazu braucht es Erfolgserlebnisse wie gegen Leipzig“, sagt Fischer. Da peilt einer den dritten Dreier gegen den Brauseklub an – natürlich mit seiner eingespielten Dreierkette.

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