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doppelblindKlimatote schon bei den Maya

Jahrhundertelang war Mayapán die wichtigste Stadt der Yucatán-Halbinsel im heutigen Mexiko, Mais wurde angebaut und Handel getrieben. Bis zu 20.000 Menschen wohnten zur Hochzeit in der Stadt. Um 1350 begann die Bevölkerung dann zu schrumpfen, es kam zu Konflikten zwischen den herrschenden Familien, zu Massakern und schließlich zur kompletten Entvölkerung der Stadt. Der Grund: ein Klimawandel.

Archäolog*innen, His­to­ri­ker*in­nen, Geo­lo­g*in­nen und Bio­lo­g*in­nen haben in der Fachzeitschrift Nature Communications eine Studie veröffentlicht, die den Einfluss dieses Klimawandels auf Mayapán untersucht. Dazu nutzten sie 205 Skelette, die bei Ausgrabungen in Mayapán gefunden wurden, und andere archäologische, historische und paläoklimatische Datensätze. Zum Beispiel einen Stalagmiten, der in einer Höhle direkt unterhalb des zentralen Platzes der Stadt steht: Er wuchs im späten 14. und frühen 15. Jahrhundert nicht. Aufgrund der Trockenheit erreichte ihn kein Tropfwasser von der Oberfläche.

Über die etwa drei Jahrhunderte der Existenz Mayapáns konnten die For­scher*in­nen zwar eine starke Korrelation zwischen Dürren und internem Konflikt der Familien feststellen, die Bevölkerungszahl litt unter dem trockenen Klima allerdings nicht immer. Erst ab 1350, also zu Beginn des Niedergangs der Stadt, korrelieren Abwanderung und Klimawandel stark. Laut den Wis­sen­schaft­le­r*in­nen könnte das damit zusammenhängen, dass zum Ende des 14. Jahrhunderts auch im zentralmexikanischen Hochland lange Dürren für Nahrungsmittelknappheit sorgten und die Ma­ya­pá­ner*in­nen deswegen ihre Missernten nicht durch Importe ausgleichen konnten.

Mit dem wirtschaftlichen Niedergang rissen immer häufiger einige der herrschenden Familien die Macht vollständig an sich und verfolgten rivalisierende Gruppen. Zwischen 1440 und 1460 kam es zu einem letzten großen Massaker, das zur vollständigen Entvölkerung der Stadt führte.

Ein Stalagmit unterm zentralen Platz gibt Auskunft über Dürrephasen im 14. und 15. Jahrhundert

Das bedeutet nicht, dass alle Be­woh­ne­r*in­nen der Stadt getötet wurden. Vielmehr zogen sie ins Umland und bildeten kleinere, dezentrale Gesellschaften. Die For­sche­r*in­nen halten die Mobilität von Bevölkerungen deshalb für wichtig, um sozialen Wandel zu ermöglichen. So könnten sich Betroffene dem heutigen, menschengemachten Klimawandel besser anpassen. Jonas Waack

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