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Diversität zum Lesen

Die queer-feministische Bibliothek „Bücheria“ im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg wird am 30. Juli eröffnet. Sie soll ein Ort der Literatur und der Begegnung werden

Von Lenard Brar Manthey Rojas

Schon ein erster Blick auf das RIA zeigt: Hier passiert kulturell viel. In den Fenstern des Feministischen Kulturzentrums werden Gemälde von Künst­le­r*in­nen ausgestellt. Daneben informieren Plakate über den feministischen Chor des Viertels – Hamburg-Wilhelmsburg – mit dem Namen „Female Voices“. Am 30. Juli soll hier nun die queer-feministische Stadtteil-Bibliothek Bücheria Eröffnung feiern. Neben vielen anderen Initiativen im RIA soll sie jeden Mittwoch von 17.30 Uhr bis 20.30 Uhr besuchbar sein und somit feministische Werke und Texte queerer Schrift­stel­le­r*in­nen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.

Anna Unterstab ist die Initiatorin dieses Projekts. Erst im Juni hat sie ihr Master-Studium des experimentellen und sozialen Designs an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg abgeschlossen. Von der gesellschaftlichen Notwendigkeit solcher Institutionen wie der queer-feministischen Bibliothek ist Unterstab überzeugt: „Gewalt gegen queere Menschen steigt seit Jahren permanent an. Sie können im Alltag eben nicht überall sichtbar und sicher sein, ebenso wie Frauen, die sexualisierte Gewalt oder Sexismus erleben“, erklärt die 29-Jährige.

„Deshalb sind Orte wichtig, an denen wir das alles mal draußen lassen können, atmen, Luft holen, einander Kraft geben oder diese aus guten Büchern beziehen können.“ Für die Schaffung eines solchen Ortes engagiert sich derzeit ein ehrenamtliches Kernteam von elf weiblichen und queeren Personen.

Finanzielle Unterstützung erhält das Projekt unter anderem vom Förderprogramm Stadtteilkultur der Kulturförderung Hamburg, aber auch durch private Spenden. Über ein weiteres gespendetes Buch freue sich die „Bücheria“ immer, heißt es. Schließlich möchten Unterstab und ihre Kol­le­g*in­nen ein vielfältiges Angebot bieten: Thematische Schwerpunkte sollen monatlich wechseln, von patriarchalen Schönheitsbildern bis zur gendersensiblen Kindererziehung.

Bei der Lektüreauswahl stehen Comics, Romane, Gedichtbände und Kinderbücher im Vordergrund. Allzu theoretisch soll es nicht werden. „Der Zugang soll möglichst niedrigschwellig sein, um nicht nur das akademische Publikum anzusprechen“, erklärt die Sozialarbeiterin Johanna Auschra. Schließlich ist das Ziel des Bücheria-Teams, einen leichten Einstieg in feministische und queere Thematiken zu ermöglichen.

„Wichtig sind Orte, an denen wir alles mal draußen lassen können, atmen, einander Kraft geben oder sie aus guten Büchern beziehen“

Anna Unterstab, Bücheria-Gründerin

Zudem werden in der Bibliothek nicht nur deutschsprachige Ausgaben zu finden sein, um der Mehrsprachigkeit des Viertels gerecht zu werden. Der Bestand besteht derzeit aus rund 120 Büchern, von Klassikern wie James Baldwin bis zur neusten Graphic Novel von Liv Strömquist. Über 100 dieser Bücher wurden gespendet. Zusätzlich zu dem Lektüreangebot sind einmal im Monat auch Veranstaltungen, etwa Lesungen oder Schreib-Workshops, in der Bücheria geplant.

Neben dem literarischen Ambiente ist die queer-feministische Bibliothek auch als ein Ort der Begegnung und der Sicherheit konzipiert. In der Bücheria sollen sich marginalisierte Personen begegnen und vernetzen können, und die Möglichkeit erhalten, sich in einer geschützten Atmosphäre über Diskriminierungserfahrungen auszutauschen. Um dies zu gewährleisten, wird es unterschiedliche Öffnungszeiten geben, mal für bestimmte Gruppen, mal für all-Gender.

So soll die Bücheria ein Ort werden, der feministische und queere Literatur sichtbar macht und sich zugleich an die gesamte Gesellschaft wendet. Diese Chancen der Verknüpfung sind für Anna Unterstab der wichtigste Aspekt des Projekts: „Es ist schön, dass wir jetzt schon viel Zuspruch von Personen bekommen, die sich auf die Bibliothek freuen. Hier sollen sich Menschen aus unterschiedlichen Lebensrealitäten kennenlernen und Leute aus dem Viertel miteinander ins Gespräch kommen können.“

Für weitere Infos oder Bücherspenden ist das Team der Bücheria per Mail zu erreichen: buecheria-wilhelmsburg@riseup.net

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