Bundestag wählt Ferda Ataman

Nach Kritik und Shitstorm ist die Publizistin neue Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Von Dinah Riese

Ihre Nominierung löste heftige Debatten und einen regelrechten Shitstorm aus. Nun hat der Bundestag die Publizistin Ferda Ataman zur neuen Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gewählt. Auf sie entfielen 376 Ja-Stimmen, 278 Abgeordnete stimmten gegen sie, 14 enthielten sich. Die Stelle ist damit erstmals seit 2018 wieder besetzt. In einem kurzen Statement nach der Wahl dankte Ataman den Abgeordneten, die für sie stimmten. „Diejenigen, die mir ihr Vertrauen noch nicht schenken konnten, möchte ich gern mit meiner Arbeit überzeugen“, sagte sie.

Ataman kündigte an, die im Koalitionsvertrag angekündigte Reform des Gleichbehandlungsgesetzes zu unterstützen. Zudem will sie ein Förderprogramm auflegen, um eine flächendeckende Beratung von Menschen, die Diskriminierung erleben, zu etablieren. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) nannte Ataman die „richtige Person für die Stelle“.

Die Union hingegen kritisierte die Wahl Atamans. „Sie legt unterschiedliche Maßstäbe zur Beurteilung von Diskriminierung an, verleugnet Probleme bei der Clan-Kriminalität oder beim Antisemitismus und spottet über die deutsche Mehrheitsgesellschaft“, erklärte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dorothee Bär (CSU).

Die Union hatte die Nominierung Atamans schon im Vorfeld heftig kritisiert. Auch einige FDP-Abgeordnete hatten angekündigt, sie nicht wählen zu wollen.

Das Thema Antidiskriminierung begleitet die Arbeit der 1979 in Stuttgart geborenen Ataman seit Jahren. Von 2010 bis 2012 leitete sie das Öffentlichkeitsreferat der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und war zuletzt stellvertretendes Mitglied in deren Beirat. Ataman baute den Mediendienst Integration mit auf und ist Mitbegründerin der Neuen deutschen Medienmacher*innen.

Die Kritik an Atamans Nominierung fokussierte sich vor allem auf ihre früheren Kolumnen. In einem Text im Spiegel hatte sie sich gewundert, warum weiße Deutsche so empfindlich auf den Begriff „Kartoffel“ reagieren. Das sei beleidigend und diskriminierend gewesen, urteilen nun manche.

Auch wurde Ataman vorgeworfen, zu Themen wie türkischem Nationalismus und anderen Problemen in migran­tischen Communities zu schweigen, etwa von der alevitischen Rapperin und Wissenschaftlerin Reyhan Şahin. Der Journalist Stephan Anpalagan wiederum postete auf Twitter eine ganze Reihe von Texten, in denen Ataman sich als Journalistin mit genau diesen Themen auseinandergesetzt hatte. Dazu kam eine ganze Welle an Kritik, aber auch Falschbehauptungen, Beleidigungen und Verleumdungen gegen Ataman.

Zahlreiche im Feld Antidiskriminierung tätige Organisationen, Verbände und Einzelpersonen hatten die Nominierung Atamans hingegen ausdrücklich begrüßt. In einem offenen Brief kritisierten sie die „stark unsachliche Diskussion“ und erklärten, die 43-Jährige vereine „fachliche Kompetenz und Beharrlichkeit – eine zwingend notwendige Kombination im Kampf gegen Diskriminierung“.

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist beim Familienministerium angesiedelt. Sie berät und unterstützt Menschen, die aufgrund von ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Geschlecht, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung, Lebensalter oder Behinderung diskriminiert werden. Seit 2018 war die Leitung nur kommissarisch besetzt.