Klimapolitik ohne Karlsruhe

Umwelthilfe wollte weiter Druck auf die Politik machen. Doch das Bundesverfassungsgericht lehnte die Klage ohne Begründung ab

Eine Luftaufnahme des Zementwerks Ruedersdorf

Klimakiller: ein Zementwerk in Brandenburg Foto: Felix Zahn/photothek/imago

Aus Hamburg Christian Rath

Das Bundesverfassungsgericht hat eine neue Verfassungsklage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Klimaschutzgesetz ohne jede juristische Begründung abgelehnt. Das teilte DUH-Anwalt Remo Klinger in Hamburg auf dem Deutschen Anwaltstag mit. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte den Vorgang.

Im Frühjahr 2021 war das Bundesverfassungsgericht noch der Champion der Klimabewegung. Damals ließ das Gericht überraschend klimapolitische Verfassungsbeschwerden zu, obwohl keine „gegenwärtige“ Gefährdung von Grundrechten vorlag. Die Rich­te­r:in­nen argumentierten, dass in Zukunft massive Eingriffe in Freiheitsrechte drohen, wenn nicht rechtzeitig klimapolitisch umgesteuert wird.

Konkret verlangte das BVerfG damals vom Bundestag zwar nur, frühzeitig Ziele für die CO2-Reduktion ab 2030 festzulegen. Aber es erklärte den Klimaschutz zugleich zum Staatsziel, das durch das 1,5/2-Grad-Ziel des Pariser Abkommens konkretisiert werde.

Im Januar koordinierte die DUH eine neue Verfassungsbeschwerde von neun jungen Leuten aus dem Umfeld von Fridays for Future. Das Verfassungsgericht solle feststellen, dass die Verschärfung des Klimaschutzgesetzes im August 2021 nicht den Anforderungen des Grundgesetzes genüge. Die Neuregelung führe nur zu einer Senkung der Emissionsmenge um 6,5 Prozent bis 2030.

Die Klage stützte sich auch auf einen neuen, den sechsten, Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC, wonach sich der Klimawandel „schneller und folgenschwerer“ vollzieht als bislang angenommen. Die Argumentation der DUH wurde auf 162 Seiten ausgeführt.

Das Bundesverfassungsgericht reagierte schnell, aber nicht so wie erwünscht. Die Verfassungsbeschwerde wurde ohne jede juristische Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Dies ist in Karlsruhe zwar zulässig, um das Gericht zu entlasten. Bei Klagen von dieser Bedeutung dürfte es aber doch unüblich sein. (Az.: 1 BvR 188/12)

„In Karlsruhe ist erst mal Schluss“

Remo Klinger, Anwalt der Umwelthilfe, über weitere Gerichtsbeschlüsse zum Klima

Schon im Februar war eine andere von der DUH initiierte Verfassungsbeschwerde nicht angenommen worden. Damals stellte Karlsruhe fest, dass Bürger nicht gegen die Klimapolitik einzelner Bundesländer klagen können, weil es nur auf Bundesebene ein CO2-Budget gibt. Diese Ablehnung war immerhin noch auf 12 Seiten begründet worden.

Remo Klinger zeigte sich bei der Tagung in Hamburg desillusioniert. „In Karlsruhe ist erst mal Schluss“, mit weiteren bahnbrechenden Klimabeschlüssen rechne er vorerst nicht.

Die DUH erklärte auf Anfrage, dass die neun jungen Leute nun den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anrufen werden.