: Raketen für die Ukraine
Deutschland, Großbritannien und die USA sagen gemeinsam Mehrfachraketenwerfersysteme zu
Von Dominic Johnson
Im Vorfeld der Reise mehrerer europäischer Staats- und Regierungschefs nach Kiew haben Deutschland und Frankreich sich bemüht, den Eindruck von Zögerlichkeit bei der militärischen Unterstützung der Ukraine zu zerstreuen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ließ erklären, Frankreich setze sich für einen militärischen Sieg der Ukraine gegen Russland ein, der die territoriale Integrität der Ukraine wiederherstelle, einschließlich der Krim. Deutschland schloss sich erstmals ausdrücklich einer Militärhilfszusage der USA und Großbritanniens an.
Die Verteidigungsministerien in Berlin, London und Washington veröffentlichten am Mittwoch in Brüssel ein gemeinsames Statement zum Abschluss eines Treffens der Ukraine-Kontaktgruppe aus 45 Staaten, die westliche Waffenlieferungen an die Ukraine koordiniert. Darin bekräftigten sie die Lieferung von Mehrfachraketenwerfern (MLRS) mit entsprechenden Raketen: vier MLRS-Systeme aus den USA und je drei aus Großbritannien und Deutschland. Dazu, hieß es in Brüssel weiter, werde es 100 Raketen pro MLRS-Fahrzeug geben sowie die zur Zielfindung nötige Aufklärung aus den USA. Die US-amerikanischen und britischen Zusagen gab es bereits, die aus Deutschland wurde als neu dargestellt.
Russland führe im Donbass einen „systematischen Angriff mit Raketen und Artillerie großer Reichweite gegen ukrainische militärische Verteidigungsstellungen sowie zivile Infrastruktur“, hieß es zur Begründung. Die neuen Raketensysteme mit einer Reichweite von 70 Kilometern würden „der Ukraine helfen, ihre Bürger und ihr Staatsgebiet zu verteidigen“.
Für die USA ist das nur Teil eines neuen Milliardenpakets an Militärhilfe für die Ukraine. Der stellvertretende US-Verteidigungsminister Colin Kahl sprach von einer „ersten Lieferung“, der weitere folgen könnten. Die Ausbildung der ersten 60 ukrainischen Soldaten am US-amerikanischen MLRS-System Himars sollte nach Angaben aus dem Pentagon am Mittwoch abgeschlossen worden sein. Das erste System soll kommende Woche in der Ukraine stationiert werden und voraussichtlich an der Front bei Sjewjerodonezk zum Einsatz kommen, wo seit Wochen schwere Kämpfe toben. Die Ukraine hat ihre verbliebenen Streitkräfte aus der beinahe völlig zerstörten Stadt mittlerweile fast vollständig zurückgezogen und dürfte nun darauf setzen, vorrückende russische Einheiten aus der Distanz beschießen zu können.
Aus ukrainischer Sicht sind 10 MLRS-Systeme viel zu wenig – Kiew hatte 200 gefordert. Russland setzt solche Raketenwerfer massiv ein und hat damit verheerende Zerstörungen angerichtet. Die Ukraine hat seit Kriegsbeginn nach eigenen Angaben bereits 233 russische MLRS-Systeme zerstört und etliche erbeutet.
Unterstützung für die Ukraine dürfte auch ein zentrales Thema beim Nato-Gipfel in Madrid übernächste Woche sein. Ukraines Präsident Wolodimir Selenski nahm am Mittwoch eine Einladung zur Teilnahme an.
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