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„Die wollten mit Atombomben die Erde ein bisschen schöner machen“

Beim Bremer Filmsymposium geht‘s um Ökologie und Kino. Manche innovative Ansätze von einst können da noch immer überraschen

Foto: privat

Winfried Pauleit

Jg. 1963, Professor für Filmwissenschaft und Medienästhetik an der Uni Bremen, ist seit 2006 ist wissenschaftlicher Leiter des Internationalen Bremer Symposiums zum Film.

Interview Wilfried Hippen

taz: Winfried Pauleit, bei Ihrem Symposium gibt’ s außer Filmanalysen auch Diskussionen darum, wie Kino nachhaltiger werden kann. Ist das noch Filmwissenschaft?

Winfried Pauleit: Wir haben ja schon früher eine kulturwissenschaftlich geöffnete Filmwissenschaft betrieben. So ging es etwa bei dem Thema „Film und Tier“ auch um Tier­ethik. Der Bremer Ansatz besteht darin, gesellschaftliche und politische Fragen mit film­ästhetischen Fragen zu verbinden.

Und wie gelingt Ihnen das?

Wir beschäftigen uns einerseits grundsätzlich mit Landschaften, Pflanzenaufnahmen, Gewässern oder Urbanität. Die spielen ja meist nicht die Hauptrolle, doch auf diese Hintergründe wollten wir die Aufmerksamkeit lenken. Filmgeschichtlich kann man sich das von heute aus nochmal neu ansehen.

Das ist ja Ihr Handwerk.

Ja, aber dann gibt es auch die Reaktionen von vielen Fil­me­ma­che­r*in­nen auf die gegenwärtigen Debatten um den Klimawandel und das Anthropozän.

Das Schöne am Bremer Symposium ist, dass es im Kino stattfindet und zu den Vorträgen Filme gezeigt werden wie Akria Kurosawas „Derzu Uzala“, eine echte Wiederentdeckung …

Ja, dabei geht es um die Befragung einer Landschaft durch einen Landvermesser und einen Waldläufer, die sich treffen und zwei unterschiedliche Umgänge mit der Natur zeigen. Da steht die westlich geprägte Ausbeutung und Naturdominanz gegen die indigene Kultur, die eher mit der Natur lebt.

Der Film bekam damals einen Oscar, ist aber jetzt so gut wie vergessen …

Dabei ist er überraschend aktuell, gerade weil er nicht das Label ökologischer Naturfilm trägt, sondern im Stil eines klassisch modernen Autorenfilmers erzählt.

Und warum taucht das Hollywood-Musical „Singing in the Rain“ im Programm auf?

„Grünes Kino“, Internationales Symposium zum Film: 18. bis 21. Mai, City 46, Bremen

Das ist ein Gegenbeispiel: Bei der Produktion wurden keine Kosten gescheut und die Filmindustrie verbrauchte dafür nicht nur Öl, Gas und Kohle, sondern auch Wasser, das in Kalifornien sehr knapp ist. Die immer verfügbare Feuchtigkeit gehört ja zur Ikonografie des Films.

Dies ist dann also ein Beispiel für die Umweltsünde Hollywood?

Die Medienwissenschaftlerinnen Judith Keilbach und Skadi Loist rechnen das an diesem Beispiel mal durch und untersuchen die Frage, ob solch ein Verschwendungskino heute noch tragbar ist. Aber sie machen auch eine Gegenrechnung auf und fragen, ob diese Ikone der Filmgeschichte nicht solch eine starke Auswertung erfahren hat, und immer wieder gezeigt wird, dass er im Gegenteil ein sehr nachhaltiger Film ist.

Welcher Beitrag des Symposiums überrascht Sie selbst am meisten?

Die Filmwissenschaftlerin Jennifer Fay aus Nashville hält ihren Vortrag über das „Plowshare-Project“, das zwischen 1958 und 1973 entwickelt wurde. Bei dem war geplant, Atombomben für zivile Zwecke zu nutzen. Die wollten mit Atombombenexplosionen die Erde modellieren und sie ein bisschen schöner machen. Über diese Versuche gibt es auch Filme, die die „Atomic Energy Commission“ in Auftrag gegeben hatte.

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