Sachsens Polizei mal wieder in der Kritik

Am 1. Mai attackierten in Glauchau Neonazis linke Demonstranten. Grüne und Linke fordern Aufklärung, der Innenminister stellt sich vor die Polizei: Die hatte alles „im Griff“.

In Zwickau vor Ort: Polizei beobachtete die Neonazi­demo Foto: Christian Essler/action press

Von Konrad Litschko

Es geht nicht gut los für Sachsens Neu-Innenminister Armin Schuster. Gerade mal eine Woche im Amt muss sich der CDU-Mann für seine Landespolizei rechtfertigen. Am Sonntag, den 1. Mai, hatten Rechtsextreme in Chemnitz und Glauchau linke De­mons­tran­ten angegriffen, die sich auf dem Weg von Dresden nach Zwickau befanden. Die Polizei war zunächst nicht vor Ort, nahm erst im Anschluss 37 Neonazis in Gewahrsam. Die Linken wollten in Zwickau gegen einen Aufmarsch des rechtsextremen III. Wegs demonstrieren – dem sich offenbar die Angreifer anschließen wollten.

Die sächsische Linken-Innenexpertin Kerstin Köditz warf der Polizei eine „mangelhafte Einsatzvorbereitung“ vor. Seit Jahren sei die Anreise zu Nazidemos der neuralgische Punkt für Gewalt. Schuster müsse deshalb „Erklärungen liefern“. Auch Valentin Lippmann von den mitregierenden Grünen sagte der taz: „Solche Angriffe liegen leider im Bereich des Erwartbaren.“ Obwohl für Bahnhöfe zunächst die Bundespolizei zuständig sei, müsse geklärt werden, ob „dem Schutz bei der An- und Abreise ausreichend Priorität bei der Einsatzplanung durch die sächsische Polizei eingeräumt wurde“.

Schuster wies die Kritik zurück. „Die Polizei hatte die Versammlungslage in Zwickau zu jeder Zeit im Griff“, erklärte er. Die Straftaten in Chemnitz und Glauchau habe sie „mit aller Konsequenz“ verfolgt. Schuster bezog dabei einen weiteren Vorfall mit ein: Am Bahnhof Crimmitschau hatte am Sonntagabend eine laut Polizei „dem linken Spektrum zuzuordnende Personengruppe“ vier Neonazis mit Schlagwerkzeugen überfallen, die aus Zwickau abgereist waren. Die Angegriffenen mussten ins Krankenhaus. Auch diese Tat sei „nicht zu tolerieren“, so Schuster. „Künftig muss auch auf den An- und Abmarschwegen noch mehr polizeiliche Stärke gezeigt werden.“

Laut der Polizei waren in Chemnitz zunächst 50 Rechtsextreme von der Bundespolizei aus einem Zug gewiesen worden, es sei zu „Auseinandersetzungen“ mit Linken gekommen. In Glauchau gab es nach Steinwürfen auf eine Regionalbahn die Gewahrsamnahme der 37 Rechtsextremen. Von den Angegriffenen seien zwei leicht, einer schwer verletzt worden.

Den Polizeieinsatz zum Aufmarsch des III. Wegs in Zwickau selbst, an dem sich gut 200 Rechtsextreme beteiligt hatten, nannte Polizeipräsident Lutz Rodig „erfolgreich“. Er sprach von einem „friedlichen Verlauf“ mit nur elf Straftaten und drei Ordnungswidrigkeiten. Die Polizei hatte den Aufzug vor Gegendemonstranten abgeschirmt, die zu mehreren Hundert in der Stadt protestiert hatten. Mehrere Neonazis hatten indes Pressevertreter bedroht. Zwickaus Oberbürgermeisterin Constance Arndt (Bürger für Zwickau) äußerte sich erleichtert. „Zum Glück blieb es insgesamt friedlich.“ Sie sei „sehr froh“ über das breite Bündnis von Gegendemonstrierenden.

Auch bundesweit fuhren Rechtsextreme am 1. Mai Misserfolge ein. In Dortmund kamen ebenso nur gut 200 Neonazis zu einem Aufmarsch der NPD und der Splitterpartei Die Rechte. In Erfurt waren es rund 140. Auch auf autonomer Seite blieb es weitgehend ruhig. In Berlin sprach Innensenatorin Iris Spranger (SPD) vom „friedlichsten 1. Mai seit Jahrzehnten“.

Umso mehr richteten sich die Augen, mal wieder, auf Sachsen. Auch Oliver Malchow, Bundeschef der Gewerkschaft der Polizei, nannte den Angriff von Glauchau „verstörend“. Polizeipräsident Rodig versicherte, dass zu dem Angriff und dem in Crimmitschau nun „auf Hochtouren“ ermittelt werde. Ausgewertet würden auch Videoaufnahmen. In Crimmitschau aber fehlen diese, auch konnten zunächst keine Tatverdächtigen gefasst werden. Hier werden die Ermittlungen deutlich schwerer.