: „Das ist die Musik meines Lebens“
Ernst Steinhoff war Jazzpianist und Jazzclub-Betreiber. Heute doziert er über die Geschichte der Musik und kuratiert in Bremen die Filmreihe „Jazz ‘n‘ the Movies“
1939 in Sulingen geboren. Er war in den frühen 1960ern Pianist einer Jazzband und betrieb einen Jazzclub in Sulingen. Seit 2010 ist er Dozent für Jazzgeschichte an der VHS Lilienthal. Seit 2012 kuratiert er die Reihe „Jazz ‘n‘the Movies“ im Bremer Kino 46.
Interview Wilfried Hippen
taz: Herr Steinhoff, Sie kuratieren die Reihe „Jazz ‘n‘ the Movies“. Warum passen Jazz und Filme gut zusammen?
Ernst Steinhoff: Das ist eine spannende Frage, über die noch kaum geforscht wurde. Jazz und Film sind zur gleichen Zeit vor etwa 120 Jahren entstanden, und es gibt über 4.000 Filme, die auf irgendeine Weise etwas mit Jazz zu tun haben.
Dabei war das Verhältnis ja zuerst sehr widersprüchlich.
Ja, der allererste Tonfilm aus dem Jahr 1927 hieß zwar „The Jazz Singer“, aber darin wurde überhaupt kein Jazz gespielt und sein Star Al Jolson war auch gar kein Jazzsinger.
Dafür ist er mit Blackface, also mit schwarz angemaltem Gesicht aufgetreten. Und auch wenn in den 1930er- und 1940er-Jahren Jazz im Kino präsentiert wurde, gab es oft rassistische Untertöne.
Ja, das waren Revuefilme mit eher unglücklichen Shownummern von Louis Armstrong oder Ella Fitzgerald.
Wann hat sich der Jazz im Film dann emanzipiert?
Das begann in den 1950er-Jahren etwa mit „Der Mann mit dem Goldenen Arm“ von Otto Preminger, in dem Jazz auch als ein dramaturgisches Mittel eingesetzt wurde. Und dann gab es Soundtracks von Jazzmusikern wie Miles Davis bei „Fahrstuhl zum Schafott“, die die Grundlage für spätere Filme lieferten.
In diesem Jahr ist Kanada Gastland der Messe Jazzahead. War das ein Auswahlkriterium?
Ja, es war ganz schwierig, kanadische Jazzfilme zu finden. Wir haben tricksen müssen und zeigen am 20. April den Film „Konitz – Portrait of the Artist as a Saxophonist“, den der kanadische Regisseur Robert Daudelin gedreht hat. Am 27. April zeigen wir „Genius Within“ über den Pianisten Glenn Gould, obwohl der gar nichts mit Jazz zu tun hatte.
Konzertfilm „Oscar Peterson Trio – The Berlin Concert“ mit einer Einführung von Ernst Steinhoff: heute, 20 Uhr, Kino 46, Bremen
Heute Abend stellen Sie einen Film über den zweiten großen kanadischen Pianisten Oscar Peterson vor. Was ist das Besondere an diesem Konzertfilm?
1985 spielte Peterson in seinem wohl perfektesten Trio, bei dem Niels-Henning Oersted Pedersen am Bass und Martin Drew am Schlagzeug gleichwertig auf Augenhöhe mit ihm kommunizierten. Und für mich persönlich ist es auch wichtig, gerade diesen Film zu präsentieren.
Sind Sie ein Fan?
Mehr als das: 1958 saß ich in der Bremer Glocke in einem Konzert von Oscar Peterson. Ich war wie vom Blitz erschlagen und wusste, das ist die Musik meines Lebens.
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