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Der Heukamp muss raus

Ich stehe vor dem Backsteinbau mit dem grünen Hoftor. 1763 gebaut, so steht es da, also gestriger Kram. Das kann weg. Das riesige Banner „1,5 Grad heißt: Lützerath bleibt“ an der Frontmauer brauchen wir auch nicht mehr. Paris, Klimaziele? Kann alles weg. Wir brauchen doch Strom. Unten ist das braune Grubengold von Garzweiler. Das brennt so schön.

Nun muss Bauer Eckardt Heukamp weg, der Letzte, der in Lützerath wohnt und ackert und sich bockig dem Allgemeinwohl verweigert. Volt, Watt, Ampere, Ohm – ohne ihn gibt’s noch mehr Strom. Dieser Bauer kann doch woanders Möhrchen und Getreide anbauen, falls noch ausreichend Regen fällt.

Keine zwei Jahre ist es her, da war die taz hier noch auf Hausbesuch und hat den Hof besichtigt. Der Hof ist denkmalgeschützt, ja, aber das sind genug andere Gebäude auch – gewesen. Der monströse RWE-Bagger zur rechten Seite ist keine hundert Meter mehr weg. Seine Kollegen, die Presslufthämmer und Abrisskräne, haben für den Tagebau schon ganz anderes denkmalgeschütztes Gesternzeug wegrasiert. Der Bagger gräbt und gräbt sich wie ein Uhrwerk in Zeitlupe durch die Kulturlandschaft, eine der hu­mus­reichsten Erden Europas. Er ruft rüber: Altes Gemäuer, lauf doch weg, haha!

Bald stehe ich hier nicht mehr, dann ist hier ein Loch. Der heimelige Innenhof, schön und gut, aber der wärmt nicht, der erzeugt keinen Strom, der lässt keine Fernseher laufen, die uns die Klimakrise auf Erden zeigen. Die baumgesäumten Wiesen hinter dem Hof, wo dieses rebellische Jungvolk in den Baumhäusern und in Heukamps Nebengebäuden lebt, sind dann auch weg.

Das Loch soll, wenn alle Kohle abgebaut ist, zum See werden. Meine Ururenkel sollen hier mal schwimmen. Wenn es dann nicht mehr genug Überlebensluft gibt, können sie ja mit aufgeschnallten Sauerstoffgeräten herumkraulen.

Zum Weltkulturerbe wollten neulich einige unverbesserliche Klimaschützer das ganze Dorf Lützerath machen. Als Mahnmal für spätes Umdenken. Die Bundesregierung möge das bei der Unesco anregen. Hallo, lachte die NRWE-Landesregierung, das müssten unsere Behörden beantragen – und die denken gar nicht daran.

Deutsches Bergrecht ist auch denkmalgeschützt, aus tausendjährigen Zeiten stammt es noch. Das kann nicht weg. Sonst dürften die Kohletaliban von RWE ja nicht so leicht enteignen lassen, vorzeitig in Besitz nehmen, wie das heißt. Und Gerichte müssen sich auf das Bergrecht berufen können, wie es am Montag das Oberverwaltungsgericht Münster in seinem unfassbar vor­gestrigen Beschluss tat. Raus mit dem Heukamp, hieß es da, „unanfechtbar“.

Gerodet werden darf indes erst ab Oktober. Weil diese Vögel in den Bäumen und Sträuchern ärgerlicherweise brüten, als gäbe es ein Morgen. Der fleißige Bagger ist derweil schon ein paar Schaufelradumdrehungen weitergefahren.

Bernd Müllender

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