Portrait Ilyess El Kortbi: Fürs Klima, gegen Putin

2019 gründet El Kortbi Fridays for Future Ukraine. Das Ziel: Den Zusammenhang von Energie- und Sicherheitspolitik ins Bewusstsein zu rufen.

Eine junge Frau steht mit einem Plakat auf einer Dachterasse

Ilyess El Kortbi auf der Dachterasse des Redaktionsgebäude der taz in Berlin Foto: Céline Weimar-Dittmar

Noch vor einem Monat saß Ilyess El Kortbi in einer kleinen Wohnung im Osten der Ukraine, in Charkiw, und plante Proteste für Klimagerechtigkeit. Nun toben dort blutige Kämpfe. Klimaaktivismus scheint erst mal das Letzte zu sein, das ei­ner:m in so einer Zeit in den Sinn kommen würde. Ilyess hingegen erinnert sich: „Mein erster Gedanke, als der Krieg ausbrach, war: Vielleicht versteht Europa ja jetzt endlich, dass sie mit den Importen fossiler Energien diesen Krieg finanzieren.“

Bereits seit mehr als zwei Jahren versucht der*­die 25-Jährige der Politik und der Öffentlichkeit den Zusammenhang von Energie- und Sicherheitspolitik ins Bewusstsein zu rufen. 2019 gründet El Kortbi deshalb neben dem Architekturstudium gemeinsam mit sechs weiteren jungen Menschen Fridays for Future Ukraine. Stets in hellblauer Schlagjeans, grau-rotgestreiftem Schal, mit einer großen runden Brille im Gesicht und einem Plakat mit der Aufschrift „Jugend fürs Klima“, fordert El Kortbi, wo er*­sie kann, eine klimagerechte Politik.

Einen Tag bevor die ersten Bomben Charkiw treffen, rettet sich El Kortbi aus der Stadt nach Kiew. Aus einem Luftschutzbunker in der ukrainischen Hauptstadt, hilft er*­sie bei der Mobilisierung zu Demonstrationen von Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen gegen den Krieg. Obendrauf kümmert sich El Kortbi unter dem Heulen von Angriffssirenen und schallenden Explosionen um die Evakuierung befreundeter LGTBQI*-Aktivist*innen.

Ein paar Tage später gelingt es auch El Kortbi, aus Kiew zu fliehen und er*­sie landet an der ungarischen Grenze. Da El Kortbi neben der ukrainischen Staatsbürgerschaft auch die marokkanische besitzt, verweigern die Grenz­be­am­t*in­nen zunächst die Einreise in die Europäische Union: „Die Grenze war nur zehn Meter von mir entfernt, aber ich durfte nicht hinüber. Stattdessen wurde ich direkt in ein Flüchtlingscamp gesteckt, weil ich keine ukrainischen Papiere dabei hatte. Das Camp war voll mit nichtweißen Personen aus der Ukraine, die von hier aus deportiert werden sollten.“

Als ein Freund eineinhalb Tage später die ukrainischen Papiere an die Grenze bringt, heißt es dann „Willkommen in Europa“, berichtet El Kortbi unter Kopfschütteln. „Das machte mich so wütend.“ Klar sei es notwendig, dass Ukrai­ne­r*in­nen nun geholfen wird, aber was sei mit befreundeten Ak­ti­vis­t*in­nen aus Ländern wie Syrien oder dem Irak? Dort sei doch ähnliches passiert. „Diesen Krieg, so wie den in Syrien damals, finanziert Europa mit Öl- und Gasimporten aus Russland.“

Nun wohnt El Kortbi erst mal in einer Wohngemeinschaft in Berlin, die ihm Fridays-for-Future-Ak­ti­vis­t*in­nen hier vermittelt haben, und arbeitet unentwegt mit ihnen an Friedens- und Klimaaktionen. Obwohl Ilyess das Erlebte ins Gesicht geschrieben ist, lässt der*­die Ak­ti­vis­t*in sich nicht unterkriegen: „Wir streiken gegen eine Krise, für die wir nichts können. Wir sind in einem Krieg, für den wir nichts können. Aber die Klimabewegung gibt mir Hoffnung und wir hören nicht auf, bis sich etwas ändert!“

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