Fragen an die Nachtschwärmer

War vor Corona im Clubleben eigentlich alles gut? Mit einer Studie will die Clubcommission „Licht ins Dunkel der Nacht“ bringen

Lief vor Corona im Berliner Clubleben wirklich alles immer nur super?

Von Andreas Hartmann

In Dänemark können sich Clubbetreiber und Partymenschen freuen. Dort gehen die Corona-Inzidenzen zwar auch durch die Decke und liegen inzwischen bei rund 4.000. Trotzdem werden ab Februar die Clubs wieder geöffnet. Mit der Begründung: Die Impfquote ist hoch, Omikron nicht so schlimm, und irgendwann möchte man eben sein Leben zurück.

In Berlin wird es voraussichtlich noch ein wenig dauern, bis es wieder ein Nachtleben geben wird, das man auch wirklich so nennen kann. Eine zu schnelle Öffnung ist hier politisch nicht gewünscht. Lutz Leichsenring, Sprecher der Berliner Clubcommission, rechnet damit, dass es um Ostern herum wieder losgehen kann, zumindest auf den Außenflächen der Clubs. Bis dahin, so die allgemeinen Prognosen von Experten, dürfte die aktuelle Coronawelle durchgerauscht sein.

Ob es in der Folge zu keinen weiteren Schließungen mehr kommen wird – besser gesagt: zu keinem Tanzverbot, was ja der eigentliche Grund dafür ist, dass derzeit die Dancefloors in Berlin verwaist sind –, kann niemand sagen. Das dürfte auch davon abhängen, ob die allgemeine Impfpflicht kommen wird oder nicht. Und ob im Herbst nicht doch eine neue schreckliche Mutante auftauchen wird, steht ebenfalls in den Sternen. Aber gesetzt den Fall, ab Ostern beginnt das wilde Berliner Partyleben tatsächlich wieder und dieses Mal auf Dauer – wie soll es dann aussehen: „Wollen wir,back to normal?‘“, fragt Leichsenring rhetorisch, „oder,back to new normal?‘“ Mit anderen Worten: Lief vor Corona im Berliner Clubleben wirklich alles immer nur super? Oder gab es doch mehr Probleme – Stichwort: sexuelle und rassistische Diskriminierung auch in den Clubs – als gedacht?

Das möchte man nun herausfinden, um gegebenenfalls Kursänderungen vornehmen zu können. „Es ist nicht alles perfekt“, so Leichsenring, „aber so eine Krise kann ein Nachdenken über bestimmte Probleme auch befördern.“

Deswegen initiiert die Clubcommission eine große Umfrage, die sich an Partyveranstalter, Clubbetreiber und Szenegänger gleichermaßen richtet, um mehr herauszufinden darüber, wie wichtig den Leuten wirklich ihre Clubs sind, wie sehr sie sie während Corona vermisst haben, auch als „Safe Spaces“, und inwieweit sie denken, dieses oder jenes sollte in Zukunft besser laufen.

„Licht ins Dunkel der Berliner Nacht“ bringen, das ist das erklärte Ziel der Studie, die gemeinsam mit der Universtät Bielefeld und der Technischen Universität Berlin erarbeitet wird. Und von der in zwei bis drei Monaten, so Leichsenring, erste Ergebnisse vorliegen sollen. Fakten und Zahlen möchte man generieren, so der Sprecher weiter. „Vielleicht kommt dabei ja auch heraus, dass Diskriminierung gar kein so großes Thema ist.“

Und falls doch, habe man etwas in der Hand, um gegebenüber dem Senat argumentieren zu können, dass dieser beispielsweise Ressourcen für Awareness-Schulungen bereitstellen möge. Komme es in einem Club zu einem rassistischen Vorfall, reiche es ja im Normalfall nicht, zum Beispiel bloß den Türsteher auszutauschen, so Leichsenring. Meist sei das ein strukturelles Problem, und um dieses in den Griff zu bekommen, brauche es Gelder, über die die meisten Clubs nicht verfügten.

Ein Ziel solle auch sein, mehr Vielfalt in die Berliner Clubkultur zu bekommen. Deswegen, so Leichsenring, hoffe man, mit der Studie auch aus dem migrantischen Milieu ein Feedback zu bekommen. Damit vielleicht das Berliner Nachtleben nach der großen Krise nicht einfach so weitergeht wie bisher.

Die Online-Befragung ist erreichbar unter clubcommission.de/clubsurvey.