Grenze auf der Insel Hispaniola: Der reichere Teil macht dicht

Die Dominikanische Republik beginnt den Bau einer Grenzmauer zum Nachbar Haiti. Hintergrund ist das wirtschaftliche Gefälle zwischen den zwei Ländern

Zwei Soldaten gehen an Stahlträgern, die für den Grenzzaun errichtet wurden, vorbei

Soldaten der Dominikanischen Republik patroullieren an der Baustelle des Grenzzauns zu Haiti Foto: Fran Afonso/reuters

BERLIN taz | Und wieder entsteht eine Mauer zwischen zwei Nationen, die Mi­gran­t*in­nen und Schmuggel von der einen auf die andere Seite abhalten soll. Am Sonntag eröffnete der Präsident der Dominikanischen Republik, Luis Abindar, mit einem Festakt und einem ersten Spatenstich die Bauarbeiten für eine Grenzmauer zum Nachbarland Haiti, mit dem sich die Dominikanische Republik die Antilleninsel Hispaniola teilt.

Den Mauerbau hatte Abindar schon vor einem Jahr angekündigt. Jetzt sollen in einem ersten Schritt in neun Monaten Bauzeit 54 Kilometer Mauer entstehen, mit 19 Wachtürmen und 10 Zugängen zu festen Patrouillenwegen. Die Regierung bezeichnet das Bauwerk als „intelligenten Zaun“ – denn eingebaut wird allerlei Überwachungstechnik: Bewegungsmelder, Beleuchtungssysteme, Videoüberwachung aus einem Kommandozentrum heraus, von dem auch Drohnen zur Kontrolle der Grenze gesteuert werden. Gesamtkosten dieser Etappe: umgerechnet rund 26,5 Millionen Euro.

Eine zweite Bauetappe mit 110 Kilometern Länge soll Mitte des Jahres beginnen. 23 Kilometer Grenzanlage gibt es schon, sie sind seit 2019 gebaut worden. Insgesamt sollen 187 der rund 380 Kilometer langen Grenze auf diese Art befestigt werden. Dazu kommen Investitionen in die Grenzübergänge: Mit einer von der deutschen Firma Dermalog gelieferten Gesichtserkennungssoftware soll die Kontrolle perfektioniert werden.

Hintergrund ist die extreme wirtschaftliche Ungleichheit beider Staaten der im 17. Jahrhundert durch die früheren Kolonialmächte Spanien und Frankreich geteilten Insel. Haiti, das zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, ist in den vergangenen Jahren durch politische Umbrüche, Naturkatastrophen und hemmungslose Korruption in den freien Fall geraten.

Die Dominikanische Republik kämpft zwar auch mit grassierender Korruption und einem Vertrauensverlust in die viele Jahre herrschende Partei, hat aber in den vergangenen Jahrzehnten insbesondere durch die Entwicklung einer florierenden Tourismusbranche ein stabiles Wirtschaftswachstum zu verzeichnen, auch wenn das sozial nicht gleich verteilt ist.

Für viele Hai­tia­ne­r*in­nen ist Arbeitsmigration ins Nachbarland die einzige Alternative

Zum Vergleich: Haiti hat mit seinen 11,4 Millionen Ein­woh­ne­r*in­nen ein Bruttoinlandsprodukt von umgerechnet rund 11,4 Milliarden Euro, die Dominikanische Republik mit 10,8 Millionen Ein­woh­ne­r*in­nen mehr als das Sechsfache.

Im Ergebnis ist für viele Haitianer*innen, denen nicht die Flucht aufs lateinamerikanische Festland – und dann womöglich weiter in die USA – gelingt, eine Arbeitsmigration ins Nachbarland oft die einzige Alternative.

Ein schlechtes Gewissen hat Präsident Abindar bei der Abschottung gegen die verarmten Nachbarn nicht. „Wir werden weiterhin gute nachbarschaftliche Beziehungen unterhalten und gleichzeitig unsere Anstrengungen zum Schutz unserer Grenzen verdoppeln und unsere Souveränität verteidigen“, sagte er am Sonntag. Die Probleme Haitis gingen die Dominikanische Republik jedenfalls nichts an. „Ich appelliere einmal mehr an die großen Nationen der Welt, Haiti zu Hilfe zu eilen, so wie es sich gehört“, sagte Abindar.

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