piwik no script img

Gras auf nassen Böden

Die Paludikultur könnte Landwirtschaft und Moorschutz versöhnen

Sie ist kein Allheilmittel, aber Wis­sen­­­schaft­­le­r:innen betrachten sie als Gamechanger, wenn es darum geht, die Interessen von Moorschutz und ­Landwirtschaft zu versöhnen: die Paludikultur. Der Anbau von Schilf, Rohrkolben und Torfmoosen oder die Wasserbüffelzucht sind auf nassen Moorböden möglich, schützten also das Klima und kurbeln als ­Nebeneffekt auch noch die ­Artenvielfalt an.

Der Haken an der Sache: Bisher rechnet sich ein Umstieg auf Paludikulturen für Land­wir­t:in­nen nicht. Diese Art der Bewirtschaftung wird bisher von der Europäischen Union nicht gefördert. Deshalb gibt es sie in Deutschland bisher nur auf Testflächen.

Paludikulturen sind vielfältig einsetzbar. Moorgräser wie Sumpfseggen und Rohrglanzgras können in Biogasanlagen verwertet werden. Beide Rohstoffe können auch Wärme erzeugen, wenn sie in speziellen Heizanlagen verfeuert werden. Rohrkolben eignen sich als Dämmmaterial. Sie könnten sogar eine nachhaltige Alternative zu fossilen Produkten wie Styropor sein, sagen Forscher, die sich mit Paludikulturen beschäftigen. Damit diese Kulturen im großen Stil marktreif werden, müssten sie gefördert werden. Sogar die extrem spezialisierten Pflanzen wie die Torfmoose lassen sich kultivieren und als Substratalternative verwenden, können preislich aber lange nicht mit dem billigen Torf mithalten.

Viele Landwirte sind deshalb skeptisch. Unter den geltenden Bedingungen ließe sich mit Paludikulturen kein Geld verdienen, sagt Karsten Padeken, Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Moorbauer“ des Niedersächsischen Landvolks. In der Tat ist der Aufwand anfänglich hoch, Moorgräser müssen erst gesät oder gepflanzt werden, Dämmstoffe müssen Absatzmärkte haben. Für die Bewirtschaftung nasser Moorflächen braucht es Spezialmaschinen, von nassen Wiesen ist das Viehfutter nicht ganz so nährstoffreich wie von trockengelegten.

Würde die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU die Paludikulturen in die Förderrichtlinien übernehmen, könnten Landwirte umsatteln und Moorflächen wieder nass werden. Die Michael Succow Stiftung in Greifswald fordert die EU-Mitgliedstaaten in einem Positionspapier auf, Paludikulturen in die Direktzahlungen miteinzubinden. Die Rahmenbedingungen für die nächste GAP-Förderperiode 2023 bis 2027 werden aktuell ausgehandelt. Man dürfe nicht so weitermachen wie bisher, sagen die Forscher:innen, denn in der EU machen die Emissionen aus entwässerten Mooren etwa fünf Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen aus.Juliane Preiß

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen