Alltagsauffälligkeiten von Golfern: Strafschlag im Sandkasten

Wer Golf spielt, tickt auch dann merkwürdig, wenn mal etwas hinfällt. Oder ein Kino-Ticket gelöst werden soll. Oder wenn Kinder im Sand spielen.

Ein Golfprofi inmitten eine Sandwolke

Raus aus dem Sand: Golfprofi Bubba Watson bei den PGA Zurich Classic in Louisiana/USA Foto: ap/Herbert

Golfer und Golferinnen sind manchmal, ehrlich gesagt: oft, sehr merkwürdige Wesen. Vergangenen Monat hatten wir hier schon seltsame Verhaltensweisen erlebt, wie diese Bällewegschläger ihr Spiel in den Lebensalltag umdenken: Müllsuche bei Wanderungen, Hüftübungen bei unpassenden Anlässen, Kuhwiesen-Fantasien, und es gibt noch viel mehr Seltsamkeiten.

Fällt dem Golfsüchtigen sein Schlüsselbund herunter und droht in einen Gully zu purzeln, ruft er panisch: „Sit!“ Das machen Golfer auf dem Platz reflexhaft, Profis wie Hobbyspieler, wenn ihr Ball zu weit zu springen oder sogar ins Aus zu rollen droht. Nach aller Lebenserfahrung reagieren indes weder Ball noch Schlüssel auf solche Anweisungen. Das lernen Golfer nicht.

Steht ein Golfer oder eine Golferin an einem Fluss und jemand fragt, wie weit es wohl bis zum anderen Ufer sei, antworten sie vielleicht: „Na, ich würd sagen, Eisen 6 reicht, voller Schwung, gut getroffen.“ Danach wundern sie sich, dass der andere sich wundert, weil er den Hinweis nicht verstanden hat (120 bis 150 Meter Entfernung, je nach Spielstärke).

An der Kinokasse wollen Golfer oder Golferin nicht Eintritt zahlen, sondern überraschen mit der Frage: „Wie viel Greenfee kostet der Film?“ Daheim will Vati neuerdings dreimal am Tag den Rasen schneiden und ernennt sich zum häuslichen Headgreenkeeper. Er wird, auch wenn das scheinbar ein Widerspruch ist, zugleich penibel darauf achten, dass niemand mehr Wildkraut an den Rändern jätet: Bewuchs herauszureißen sei „unerlaubte Erleichterung“, so stehe es in den Regeln.

Die Sache mit dem Besenstiel

Später drohen unkontrollierte Ausfälle. Hat ein schwerstabhängiger Golfer einen Besenstiel, einen Zeigestock oder in diesen Tagen den vor den Feiertagen geshoppten Weihnachtsbaum in der Hand, ist seine natürliche Reaktion: schwingen, schwingen, schwingen! Auch Gartenschläuche lösen sommers diesen Reflex aus, was zu überraschenden Wassergüssen auf Kuchenbüfett oder Mitmenschen führen kann.

Hält ein Golfer einen Weihnachtsbaum, ist die natürliche Reaktion: schwingen!

Leicht verständlich, wenn in der nichtgolfenden Familie Unfrieden entsteht. Kleine Kinder sind besonders betroffen. Tobt ein Junior jubelnd Richtung Strand oder Sandkasten, ruft der Golfmaniac sofort: „Stop, Vorsicht. Nicht anfassen.“ So wie es in einem Sandbunker auf dem Golfplatz auch verboten ist, den Sand, außer mit den Füßen, vor dem Schlag zu berühren. Die Kinder werden sich zu Recht beschweren: „Papa ist aber komisch. Hat der Angst vor Sand?“ Und wenn Papa dann noch sagt „Wenn du den Sand anfasst, bekommst du einen Strafschlag“, werden die Kleinen panisch in Mamas Arme flüchten: „Papa will mich hauen!“

Das alles ist nicht eben förderlich für den häuslichen Frieden zwischen Golfer und dem nichtgolfenden Rest. Unverstanden und ausgegrenzt wird der Golfer noch häufiger auf den Golfplatz flüchten. Vereinsamung und seelische Abwärtsspiralen drohen. Wundert es, dass Golfer sozial isolierte Menschen werden können?

In der dritten und letzten Folge nächsten Monat werden die Auswüchse von Morbus Golf noch übler; Knast und Klapse drohen.

Aus Golfers Abc der Vorurteile, heute Y wie Yips: „Also, ich zittere vielleicht, aber ich habe nicht dieses Dings, nein, ich doch nicht …“ Wahr ist: Den Begriff Yips vermeiden Golfer, als wäre es ansteckender als Covids Omikron. Yips bezeichnet eine Art Unruhe und Zucken im letzten Moment des konzentrierten Puttens. Der Schlag misslingt – und der nächste aus lauter Angst vor Wiederholung noch mehr. Auslöser ist mutmaßlich ein Nervenzucken, angefeuert danach durch psychische Bängnis, es könne wieder passieren.

Auch Profis können Yips bekommen, es kann über Monate ihr ganzes Spiel ruinieren, wie vor langer Zeit auch einmal Bernhard Langer. Der ist mittlerweile im zitterfreien Alter von 64 und lässt dafür andere zittern – vor ihm: Langer gewann neulich zum 6. Mal die US-Champions Tour („Schwab Cup“) gegen dieses Jungvolk von Anfang fünfzig.

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Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).

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