taz.berlin-Adventskalender (5): Ich radle mit meiner Laterne

Die Falte auf der Stirn unserer Autorin wird immer tiefer, als sie sich mit dem Rad durch den Berufsverkehr quält. Zum Glück hat ein Kind gute Laune.

Wie ging nochmal gleich dieses schöne Laternenlied? Foto: picture alliance/dpa | Oliver Berg

Vorweihnachtshektik, unter coronabedingten Masken noch anonymer, Begegnungen finden in Eile und mit Sicherheitsabstand statt. Und dann öffnet sich plötzlich doch manchmal eine Tür: eine freundliche Geste, eine Hilfeleistung, ein Gespräch. Die taz.berlin berichtet in ihrem Adventskalender 2021 von solchen Türchen, die die Anonymität einen Moment vergessen lassen.

An der Prenzlauer Allee ist der Weg zur Arbeit durch den Berufsverkehr kein Spaß. Auch nicht mit dem Fahrrad, und auch nicht zu Zeiten, in denen viele im Homeoffice arbeiten. Denn die Radspur ist eng und teils holprig, irgendwie zwischen Straßenkante und Baumbeete an den Gehweg gequetscht. Viele drängen eilig in die gleiche Richtung. Überholen fühlt sich gefährlich an, überholt werden auch.

Wer Glück hat, landet in einem Pulk von Rad­fah­re­r*in­nen mit ähnlichem Grundtempo. Wer Pech hat, klebt bald hinter ei­ne*r langsameren Fah­re­r*in – oder sammelt ein paar drängelige Ra­se­r*in­nen hinter sich.

Foto: taz/Aletta Luebbers

Dazu bläst kalt der Wind. Die Finger frieren, denn die Handschuhe sind nass. Während also die Augen weiter ständig Überholabstände und Wegbeschaffenheit checken, gräbt sich dazwischen voller Grimm immer tiefer eine Furche in die Stirn. Die Mundwinkel sinken mit jedem genervten Klingeln. Der Alexanderplatz, wo dann endlich alle mehr Platz haben, ist noch nicht mal in Sicht.

Im grauen Morgendunst

Doch nicht alle lassen sich von Hektik und Stress anstecken. So kommt mir am Mittwoch ein auf dem Fußweg fahrendes, vielleicht vierjähriges Mädchen entgegen. Fröhlich eiert sie mit ihrem kleinen Fahrrad hinter ihrem Vater her. Der Laternenumzug muss wohl einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, denn durch den ganzen grauen Morgendunst singt sie aus voller Kehle: „Ich geh mit meiner Laterne“.

Und sie ist nicht die einzige: Am Donnerstag, auf dem Nachhauseweg, komme ich an einer ihr Fahrrad schiebenden Frau vorbei. Ihr Kind hat sich lässig auf den Sattel gefläzt. Es baumelt mit einem Bein und trällert fröhlich vor sich hin.

Der Himmel ist grau, schon die ganze Woche, typisch Berliner Winter. Ich ertappe mich, wie ich summe. Wie ging das Laternenlied nochmal weiter? „Mein Licht ist aus, ich geh nach Haus“, fällt mir noch ein. Und, besonders schön, der Refrain: rabimmel, rabammel, rabumm.

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